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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

UN goes plastic

■ betr.: „Anstoßen ohne Plastikmüll“, taz vom 5. 6. 14

Kleine Begebenheiten erzählen gelegentlich größere Geschichten. So scheint es mir erwähnenswert, dass aus dem Selbstbedienungs-Restaurant der UN in Wien herkömmliches Geschirr, Besteck aus Metall und Gläser völlig verschwunden sind. Plastik hat mit leichtgewichtiger Wucht auf der ganzen Linie Einzug gehalten. Plastikteller, die sich beim Entgegennehmen an den Theken gefährlich schwabbelnd durchbiegen, Plastikgabeln, die sich schon schon mal im Plastikgrund des Tellers verhaken, und Messer, die allenfalls dem Design nach solche sind, begleiten die Nahrungsaufnahme. Das sei, wie uns eine freundliche Servicefrau erklärt und dabei ihre Antwort mit resignativen Gesten untermalt, seit August 2013 so. Seit dem Umbau des Restaurant-Areals. Die wichtigen Damen in ihren Kostümen und die bedeutenden Herren in ihren schwarzen Anzügen scheint dieser „Umbau“ der Esskultur allerdings in keiner Weise zu stören.

Hier lässt sich gut ablesen, was die sog. Staatengemeinschaft von den doch eigentlich höchst sinnvollen Vorschlägen hält, die der Wissenschaftliche Beirat „Globale Umweltveränderungen“ der Bundesregierung jüngst zur Plastikmüll-Lawine vorgetragen hat. Nämlich absolut gar nichts. Zumindest ist das in Wien so, in der gigantischen Anlage, die sich schlicht „Das Büro der Vereinten Nationen in Wien“ nennt. Bei 4.000 ständigen MitarbeiterInnen, vielen hundert Nichtständigen und BesucherInnen kommt da täglich eine ansehnliche Menge an Plastikmüll zusammen. Die Abfalltonnen in unappetitlicher Nähe zu den Esstischen jedenfalls quellen im Halbstundentakt über. Ein Hauch Schlagobers gefällig?

Die Umstellung auf Plastikgeschirr geschah just zu der Zeit, als sich im NGO-Bereich bei der UN in Wien eine neue Kommission formierte, das „Committee on Sustainable Development“. Also dann, hoch die Plastiktassen. KLAUS SCHITTICH, Owingen

Begriffe ohne Inhalt

■ betr.: „Merkels letzte Chance“, taz vom 7. 6. 14

Was verrät dieser Leitartikel über die Eurokrise und den Ausweg? Nur einige neblige Andeutungen.

Da heißt es „neue Melodie der Wende“, „raus aus eingefahrenen Gleisen“, „Aufbruch und Aufschwung“, „Europa hat noch nichts für Wachstum und Beschäftigung getan“, neue Aussichten auf Wachstum eröffnet“. Das sind ausnahmslos Begriffe ohne Inhalt. Über Wachstum und Beschäftigung redet der Mainstream seit vielen Jahren, meint damit aber, dass der Ansatz dafür auf der Angebotsseite liegt, das heißt Kosten senken für Unternehmen (manchmal auch wachstumsfreundliche Strukturpolitik genannt). Das aber bedeutet Austeritätspolitik.

Wenn Renzi und Padoan etwas anderes zu tun vorhaben, dann müsste Michael Braun das benennen. Die „neue Melodie der Wende“ könnte ja auch bedeuten, dass Italien unter der neuen Führung nun an der Nachfrageseite, den Einkommen, ansetzt, sich für eine regelgebundene Lohnpolitik stark macht; dass sie damit und mit anderen Maßnahmen auf eine Konvergenz der Inflationsraten in der Eurozone hinwirkt, dass sie sich darum von vornherein gegen das Vorhaben des Wettbewerbspakts zur Wehr setzt. Italien könnte auch offen die Schuldenbremse attackieren und die ökonomische Dummheit aufs Korn nehmen, dass es ein Staatsziel sein könne, einen schuldenfreien Haushalt zu erreichen (wegen der volkswirtschaftlichen Finanzierungsrechnung und der Saldenmechanik ist das Unfug). Öffentliche Investitionen? Hat Italien zu diesem Thema einen neuen Plan? Kurzum: mit Aspekten dieser Art hätte Michael Braun an die Bewertung der angeblichen „Wende“ in Italien herangehen müssen. Tut er aber nicht und schreibt damit einen Kommentar, der ohne jeden Inhalt bleibt. ULRICH BANGE, Essen

Gut verpackte Warnungen

■ betr.. „So werden Sie Ihr Geld am schnellsten los“, taz vom 6. 6. 14

Einfach köstlich – diese Investmentflops. Als gelernter Banker und späterer Oberstufenlehrer inklusive Wirtschaftswissenschaften kann man nur zu den Inhalten gratulieren. CFD könnte man auch als „Central Financial Deficit“ bezeichnen. Am schönsten aber ist Black Jack in Kasinos. Black Money meets Black Jack und die Verlierer im Kartenspiel sind gewöhnlich die Spieler. Warum gibt es auch diesen widerlichen Croupier? Hoffentlich kommen diese gut verpackten Warnungen für so manchen Anleger rechtzeitig.

Nota bene: Der Euro ist auch nicht das Gelbe vom Ei, ebenso wenig wie der Dollar. KLAUS-G. WALTHER, Reinbek

Kein Verständnis

■ betr.: „Meine Pussy ist die Macht“, taz vom 6. 6. 14

Nun, ich für meinen Teil sehe meinen Körper als das Haus, den Tempel meiner Seele an. Daher ist es mir wichtig, dieses Haus zu pflegen und instand zu halten. Ich selbst protestiere auch mit Energie gegen in meinen Augen unakzeptable Zustände wie zum Beispiel Neonaziaufmärsche in Gräfenberg/Franken oder die Unterdrückung Tibets. Doch ich kann einfach keinen Sinn darin sehen, Körperteile zu verstümmeln. Ich bezweifle auch, ob diese aufmerksamkeitsheischende Handlung von irgendjemand als Protest angesehen wird.

Und wenn ich mir vorstelle, dass an einer anderen Ecke der Welt Frauen und auch Männer dafür eintreten, dass dem barbarischen Brauch der Genitalverstümmelung bei kleinen Mädchen ein Ende bereitet wird, habe ich noch weniger Verständnis für diese Art von „Kunst“. Der Artikel an sich war mir außerdem etwas zu präsent.

SIBYLLA NACHBAUER, Erlangen