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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Unbedarfte Bildunterschrift

■ betr.: „Junge Stimmen für alte Gesichter“, taz vom 6. 6. 14

„In Mitrovica steht die Modernisierung der Landwirtschaft noch aus“, so lautet die mehr als unbedarfte Bildunterschrift zum Foto des Artikels zur Kosovo-Wahl. Wenn die „moderne“ Landwirtschaft dort Einzug hält, dann verschwinden noch mehr Arbeitsplätze. Was hat die moderne Landwirtschaft in den vergangenen 60 Jahren gebracht? Irreversible Verdichtung und Degradierung von Ackerböden, ungeheuren Verbrauch fossiler Energien, mehr oder minder ungebremste Produktion von klimaschädlichen Gasen, Massentierhaltung, Entwertung wertvoller Böden zu Produktionsstätten von „Bio“-Energie. In der modernen Landwirtschaft mit ihrer hochgradig negativen Energiebilanz – Input weitaus größer als Output – ist nicht viel mit Bio, ist eher das Gegenteil der Fall: Biologische Vielfalt und moderne Landwirtschaft schließen einander aus.

Dagegen ist Landbearbeitung mit tierischer Zugkraft per se ökologisch, da Arbeitstiere regenerative Energie verkörpern: Arbeitstiere gewinnen Energie aus Pflanzen (= umgewandelte Sonnenenergie), reproduzieren sich selbst und können am Ende ihres Daseins rückstandsfrei in biologischen Kreisläufen verwertet werden; Arbeitstiere sind also das genaue Gegenteil der modernen landwirtschaftlichen Maschinen. Es besteht kein Bedarf nach der „guten alten Zeit“. Aber es besteht kein Zweifel, dass die moderne Landwirtschaft sich mit viel Energie in eine Sackgasse manövriert hat; mehr als fraglich, ob sie daraus einen Ausweg finden kann/wird.

REINHARD SCHARNHÖLZ, Kerpen

Gar nicht so kompliziert

■ betr.: „Temperaturmäßig schon ein extremes Wetterereignis“, taz vom 11. 6. 14

Meteorologe Hans-Werner Voß antwortet auf die Frage der taz: „Besteht eine Verbindung zwischen diesen Unwettern und dem Klimawandel?“, mit: „Das geht eigentlich ein bisschen zu weit.“ Die Aussage des Kollegen ärgert mich. Wieder einmal stellt ein Wissenschaftler Zusammenhänge als kompliziert dar, die so kompliziert gar nicht sind. Was der anthropogene Klimawandel ist, kann jede und jeder in den Zusammenfassungen des IPCC nachlesen. Leicht vereinfacht: Die Menschheit pumpt seit circa 150 Jahren CO2 und Methan in riesigen Mengen in die Atmosphäre. Diese Stoffe sorgen dafür, dass die von der Erde reflektierte Sonnenenergie zu weit größeren Teilen in der erdnahen Atmosphäre bleibt. Das nennt mensch den Treibhauseffekt. Die so erfolgte immense Zunahme an Energie führt neben Prozessen wie dem Schmelzen der Gletscher und Polkappen auch und vor allem zur Häufung extremer Wetterereignisse. Von einem Wetterereignis auf das Klima zu schließen, ist für Klimaforscher_innen „schwierig“, weil diese sich darauf geeinigt haben, das Klima in Datenreihen darzustellen, die 30 Jahre umfassen. Dass der Klimawandel aber in unseren Breiten vor allem die Häufung extremer Wetterereignisse ist und dass sich extreme Wetterereignisse häufen, ist unbestritten. Der Kollege hätte schlicht „Ja!“ antworten können.

Auch ist es einfach, zu sagen, was zu tun ist: Politische Vereinbarungen zur Senkung des Treibhausgasausstoßes, viel weniger Fliegen, viel weniger Autofahren, möglichst lokale Produkte konsumieren (am besten insgesamt weniger) und weniger Fleisch essen.

STEFAN PADBERG, Vertretungsprofessor für Allgemeine Geographie, Schwerpunkt Mensch-Umwelt-Forschung an der Bergischen Universität Wuppertal

Inhalte rüberbringen

■ betr.: „Der Streit um Lebensstilfragen“, taz vom 12. 6. 14

Die Grünen sollten sich nicht vor lauter Angst ums „Image“ in alle Richtungen verbeugen, denn das macht schwindlig und konturlos. Besser ist es, die Inhalte richtig rüberzubringen, anstatt sich durch Bekenntnisse zu Einkäufen beim Discounter anzubiedern.

MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Interessant nur in Farbe?

■ betr.: „Konfrontation mit der Angst!“, taz vom 11. 6. 14

Muss man in einem Bericht zu einem ernsten Thema (Weltgipfel gegen sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten) den guten alten Exotismus bemühen? Kann das, was eine Aktivistin aus Somalia oder ein Student sudanesischer Herkunft äußern, nicht an sich interessant sein? Muss man da das traditionelle Gewand und das grellgelbe Hemd bemühen, während die hochinteressante Frage, was Mrs. Moleney-Kitts trägt, ungeklärt bleibt? Diese Art, einen Text „farbiger“ zu gestalten, geht auf Kosten der zitierten Personen, die mit ihrem Anliegen und ihrer Meinung wahrgenommen werden möchten.

CORNELIA AMAN, Berlin

Männerköpfe überfordert

■ betr.: „Wenn ein ‚Nein!‘ nicht reicht“, taz vom 11. 6. 14

Noch immer werden Frauen misshandelt. Dass Ängste Frauen daran hindern, sich im Sinne des BGH zu wehren, scheint die Vorstellungskraft von Männerköpfen zu übersteigen. Allein Traumatisierungen in der Kindheit reichen aus, um bei neuerlichen Übergriffen völlig hilflos zu machen. Wer schon einmal etwas von Schockstarre im traumatisierten Zustand gehört hat – oder dies selbst erfahren hat –, der weiß, wie es sein kann. Wie viel wert unserer Gesellschaft die Sicherheit von Frauen und Kindern ist, ist eine Seite vorher zu lesen: „Gewalt gegen Kinder überfordert Behörden“. BERND KUCK, Bonn