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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Die tollste Woche im Jahr

■ betr.: „Ein magischer Findling“, taz vom 18. 6. 14

Als echte Fans des Animationsfilms hat es uns eigentlich gefreut, dass sich die taz mit einem Artikel über das Festival in Annecy des Genres annimmt, wären da nicht die Seitenhiebe auf die angeblich vergleichsweise blassen Veranstaltungen hierzulande, gemeint ist zweifellos das Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart (www.itfs.de). Die Tatsache, dass – zumindest unserer Erinnerung nach – die taz noch nie vom ITFS berichtet hat, nährt den Verdacht, dass weder Claus Löser noch sonst jemand von Eurem Blatt jemals das Festival in Stuttgart besucht hat.

Wovon hätte er berichten können? Etwa von fünf Wettbewerbsprogrammen (darunter das Studentenfilmen vorbehaltene Young Animation) mit Beiträgen aus aller Welt. Von über tausend gezeigten Filmen insgesamt. Von Specials zum in diesem Jahr angesagten Thema Erster Weltkrieg oder zur Experimental Abstract Animation aus neun Jahrzehnten. Vom Kontrast zwischen „Beirut Animated“ und „Contemporary Israel Animation“ mit der deutlichen politischen Aussage der arabischen Filmemacher/innen auf der einen und dem Eskapismus der meisten in Israel arbeitenden Künstler/innen auf der anderen Seite. Wer Politisches aus Israel wollte, wurde indes im Rahmen des Programms „In Persona“ bei der beeindruckenden Begegnung mit dem Ehepaar Michal und Uri Kranot befriedigt (unbedingt googeln und gucken: White Tape). Und wem das immer noch nicht genug war, der/die konnte zur Primetime im weder in der Größe der Leinwand noch der Zahl des Publikums der WM nachstehenden „Public Viewing“ „Waltz with Bashir“ schauen (wobei er/sie allerdings „India, Music & Animation“ verpasst hätte; und dann war da noch die lange Anime-Nacht). Dank superfortschrittlicher tageslichtfähiger LED-Projektionstechnik läuft das Open Air auf dem Schlossplatz aber schon nachmittags mit familientauglichen Filmen.

Die guten Berufsaussichten französischer AbsolventInnen erfreuen von ganzem Herzen, eine der wichtigsten Jobbörsen bleibt aber die parallel zum ITFS in Stuttgart laufende Fachmesse fmx, bei der sich (Animations-)Hollywood hier die Klinke in die Hand gibt. Annecy mag Pflichtprogramm der in Frankreich Studierenden sein, zum ITFS kamen dennoch hunderte StudentInnen nicht nur von deutschen Hochschulen wie Ludwigsburg und Babelsberg, sondern aus der ganzen Welt. Zugegeben, das mag sich im Straßenbild nicht ganz so deutlich niederschlagen wie in Frankreich. Aber Stuttgart ist eben, im Gegensatz zu Annecy, fast schon eine richtige Stadt, und so verliert sich das abseits des Schlossplatzes etwas im Gedränge. Und dennoch ist das Festival präsent, auf eine angenehme Weise international und familiär zugleich. Eigentlich die tollste Woche im Jahr in unserer süddeutschen Provinzmetropole.

KAREN SCHMITT, FOLKE DAMMINGE, Stuttgart

Sie machen es madig

■ betr.: „Spiel des Lebens“, taz vom 21. 6. 14

Der Autor, Hannes Koch, Vater einer jugendlichen Tochter, staunt in dem Artikel über ihren klaren Berufswunsch „Produktdesign“. Und tut dann, was die meisten Erwachsenen tun, wenn Kinder/Jugendliche so etwas äußern: Sie machen es madig. Der Autor sagt seiner Tochter, den wenigsten Produktdesigner würden „bleibende Entwürfe“ gelingen, dass die meisten Polstermuster für Autositze oder Kunststoffverkleidungen für Waschmaschinen entwerfen. Ja, was ist daran schlimm? Ist doch schön, wenn das Autopolster hübsch aussieht und man gut darauf sitzt! Und was heißt schon „Bleibende Entwürfe“? Wünschen Sie sich einen erfüllenden Beruf für die Tochter oder streben Sie Unsterblichkeit für sie an?

Verdammt, Herr Koch und alle anderen Eltern und sonstige Laberer, die ihre Kinder in der unsichersten Zeit ihres Lebens und der schwersten Entscheidung noch mehr verunsichern: Nehmt sie doch endlich mal ernst, begleitet sie in ihrem Wunsch nach einem Beruf, sei er noch so abwegig. Und wenn sie später merken, das sie in Sackgassen landen, glaubt ihr denn die sind so doof, dass sie es nicht selber merken!? Nichts im Leben lernt man umsonst. Erinnert euch an das eigene Berufsleben. Und wenn bei mir die/der nächste Jugendliche sagt: Ich will Vulkanologe/in werden, dann fahre ich mit ihr/ihm in die Vulkaneifel zum Schwimmen im wunderschönen Maar.

LEONORE WEISSENBURGER, Fachbach