LESERINNENBRIEFE :
Aufspüren von Illegalen
■ betr.: „Warum muss der Staat wissen, ob mein Haus eine Dusche hat?“, taz-Streitgespräch vom 9. 5. 11 zur Volkszählung
Danke für das Gespräch von Herrn Wagner mit Julie Zeh. Es ist ja erschütternd, dass der Herr Wagner kaum Argumente hat und dann ausfallend wird! Es interessiert Sie vielleicht, was auf dem Zettel der „Erhebungsbeauftragten“ (nur auf Deutsch gibt es solch Wörter), der am Samstag, 7. 5., an meine Tür geklebt war, steht:
„Es werden in weiten Teilen Daten aus Verwaltungsregistern verwendet. Diese Daten müssen allerdings durch weitere Befragungen ergänzt werden. Dazu dient auch die Erhebung über die Bevölkerung an Anschriften mit Wohnheimen/Gemeinschaftsunterkünften (Sonderbereiche im Sinne des § 8 Zensusgesetz 2011) u. a. aufgrund einer oftmals schlechten Melderegisterqualität an diesen Anschriften.“ (Brief der Stadt Witten.) Ich unterstelle mal, dass der Staat den Zensus genutzt, um illegal wohnenden Menschen auf die Schliche zu kommen! (Ich wohne in einem Mitarbeiter-Wohnungsblock eines Krankenhauses.) Ich möchte leider keine 5.000 Euro Zwangsgeld hinblättern müssen. SOPHIA VAN DIJK, Herdecke
Gezielte Tötung
■ betr.: „Darf man seine Feinde töten?“, Sonntaz-Frage v. 6./7. 5. 11
Was glaubt ein Botschafter der USA eigentlich, uns erzählen zu können. Man habe statt eines Marschflugkörpers Soldaten entsandt, „die Osama bin Laden unter großem Risiko […] gefangen nehmen sollten“. Die Entscheidung gegen „Sprengung mittels Drohne“ fiel nicht, um den Massenmörder mit Kleintierhaltung und Gemüsebeet vor Gericht zu stellen. Es ging der Weltmacht USA um Datenträger, Telefonnummern und Aufzeichnungen. Lieber Herr Murphy, eine gezielte Tötung sieht genau so aus. Ein unbewaffneter alter Mann wird im Nachthemd im Beisein von Frau, Kindern und Enkeln (10 Personen waren im Raum) erst in die Brust und dann in den Kopf geschossen. Ich bin überzeugt, bin Laden war ein Massenmörder. Ich bin aber auch überzeugt, die USA ermorden weltweit ihre Gegner auf brutalste Weise, wo immer es ihnen gefällt. Durch Kommandos oder Drohnen haben die USA seit 2001 mehrere Hundert „Islamisten“ (und unbeteiligte Dritte) gezielt ermordet. Ich würde als Botschafter der USA meinen Hut nehmen und mir einen anständigen Beruf suchen. ROLF WALTHER, Dessau
30 Grad, trockenes Land
■ betr.: „Das Wetter: wieder etwas sommerlicher“, taz vom 7. 5. 11
Man möchte meinen, es sei Sommer. Und dann durchkreuzt ein hinterhältiger Kälteeinbruch unser aller legitimen Bedürfnisse. Lange genug haben wir ja Kälte, Schnee und grauen Himmel ertragen müssen, sodass wir jetzt umso lieber bei UV-Index 7 (Sonnenbrand in 15 Minuten bei normaler Haut) im Straßencafé bei Latte macchiato, Weizenbier, das sonnenbebrillte Gesicht der Himmelsscheibe entgegenstrecken und sorgsam nachführen.
Es ist aber nicht Sommer. Es ist Frühling. Und in weiten Teilen Deutschlands oder gar Europas hat es in den letzten zwei Monaten nur einen Bruchteil der Niederschläge gegeben, die „normal“ gewesen wären. Laut Waldbrandgefahrenindex M-68 wird für die Tage bis zum 11. Mai fast in ganz Deutschland die Stufe 4–5 von 5 (sehr hohe Gefahr) erreicht.
Ich bin Bauer und muss mir die letzten Wochen meine dahindarbenden Kulturen im Feld angucken. Der Grünlandertrag (Wiesengras) beträgt weniger als 50 Prozent des Vorjahres. Und die taz feiert neben den ganzen anderen ignoranten Wetterfröschen das Erreichen der 30-Grad-Marke an 6 Wetterstationen im Land an diesem wunderbaren Wochenende. Fahrt mal raus aufs Land und schaut euch euer besonders betroffenes Brandenburg an. Vielleicht kommt dann der Aha-Effekt. Vielleicht aber auch erst, wenn ihr die Latte für euren Macchiato nicht mehr bekommt, weil die Kuh nix mehr zum Fressen hat. MICHAEL KUSCH, Taunusstein
Polemik, reine Polemik
■ betr.: „Leserinnenvorwurf“ zu „Wer fragt die Polynesier?“, taz vom 30. 4./1. 5. und 7./8. 5. 11
erst druckt die taz den beitrag von reinhard wolf „wer fragt die polynesier?“ ab, dann gibt es deutliche kritik, und dann verteidigen sie den beitrag auch noch? erst einmal ist der beitrag miserabel geschrieben. die überschrift enthält noch die klarste botschaft, dann wird es undurchsichtig. alleine die passage, in der sich wolf über die co2-produktion bei der kernkraft im vergleich zur windenergie auslässt, ist zum davonlaufen. er streut ein paar zahlen und bespricht sie gar nicht. ich musste diesen absatz mehrfach lesen, um zu verstehen, was denn gemeint sein könnte.
ich denke, es ist polemik, reine polemik. das mache ich schon daran fest, dass eine ernsthafte auseinandersetzung mit den argumenten der akw-gegnerInnen nicht stattfindet. wir sagen, dass wir weniger energie verbrauchen wollen, wir wollen eine steigerung der effizienz! wir wollen nicht nur den ausstieg aus der kernenergie, wir wollen genauso das abschalten der kohlekraftwerke. und das geht dann, wenn wir den verbrauch massiv reduzieren. ich kann eine ernsthafte auseinandersetzung mit dem zielkonflikt rascher ausstieg und klimawandel in diesem beitrag nicht erkennen.
und zu guter letzt: die überschrift finde ich äußerst kritisch. was heißt denn „wer fragt die polynesier?“ hat herr wolf sie denn gefragt? ich bin immer sehr skeptisch, wenn von „die …“ die rede ist. wer sind „die …“? für mich klingt diese überschrift abwertend!
MICHAEL DROSS, München