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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Eine Propagandashow

■ betr.: „Zukunft. Von wegen Konjunkturkiller“ von Bernhard Pötter, taz vom 16. 9. 14

Dieser Artikel ist eine völlig unkritische Wiedergabe der Propaganda von Politikern und Großkonzernen, es ist ärgerlich, dass die taz so was mit einer solchen Überschrift veröffentlicht: Prima, das Wachstum kann weitergehen, und die Ressourcen-, Müll-, Energie- und Klimakrise ist sogar „wirtschaftlich“ nützlich.

Wir haben in den letzten 30 Jahren genügend Erfahrungen mit solchen wissenschaftlich getarnten Aussagen gemacht: Das Rauchen ist unschädlich, den Klimawandel gibt’s gar nicht – jetzt kurbelt er sogar die Wirtschaft an, wie schön, dass wir ihn haben! Hier fehlt es völlig an Basiswissen zu diesen Krisen: dass zum Beispiel alle neuen, auch „grünen“ Technologien, die das Wachstum ankurbeln sollen, zum Teil riesige „ökologische Rucksäcke“ mitschleppen – zum Beispiel erzeugt das als „grün“ gepriesene Elektroauto allein für das verwendete Kupfer (rund 45 Kilo pro Vehikel) 8 bis 10 Tonnen (zusätzlichen) „Naturverbrauch“, der die Einsparung durch den geringen Verbrauch beim Fahren (8 bis 10 Tonnen) praktisch auffrisst. Kupfer macht aber nur rund 3 Prozent seines Gewichtes aus … Zudem gibt es den „Rebound-Effekt“, der durch Wachstum erzeugt wird: Effizienzgewinne oder Einsatz erneuerbarer Energien werden durch die exponentiell steigenden Mengen der Geräte nicht nur aufgefressen, sondern steigern die Belastung der Biosphäre weiter.

Acht Milliarden Menschen werden den „Wohlstand“ der Industrieländer anstreben und damit Ressourcen verbrauchen und Müllmengen produzieren, die „noch einmal um die Hälfte wachsen“ werden (Pötter) – denn was sonst wird da wachsen? Das Pflege- oder Lehrer-Personal oder die Menge der Autos, IT-Geräte etc., deren Müll wir schon heute nicht mehr verkraften und deshalb illegal nach Afrika und China verschieben? Friedrich Schmidt-Bleek, Mitgründer des Wuppertal-Instituts, nennt das kurz „Grüne Lügen“. Das „Wachstum“ an sich ist aus naturwissenschaftlichen Gründen die Ursache dieser Krisen. Jetzt soll es die Lösung sein?

Für wie blöd hält man eigentlich die Leser solcher Machwerke? Wie naturwissenschaftlich ahnungslos sind diese Politiker, wie kriminell die Herren Chefs der „Bank of America“, Unilever etc., die hier eine Propagandashow für den inzwischen glücklicherweise in die Kritik geratenen Wachstumswahn abziehen? WOLFGANG NEEF, Berlin

Schade eigentlich

■ betr.: „Kein Aufstand der Anständigen“, taz vom 15. 9. 14

Es war mir eigentlich ein Herzensbedürfnis, als Antifaschist mit vielen Anderen gegen Judenhass in Deutschland zu demonstrieren. Allein unter den Fahnen Israels war mir dies nicht möglich. Da wollte ich nicht in eine falsche Solidarisierung mit dem Staat kommen, dessen momentane Politik und dessen rechtsextreme Regierung ich zutiefst ablehne. So blieb eben die deutsche Politik- und Funktionselite bei der kommentierten Kundgebung in Berlin unter sich. Schade eigentlich. RÜDIGER DEISSLER, Berlin

Wesensart der SPD

■ betr.: „Das große Mobbing oder die Ehre der SPD“, taz v. 15. 9. 14

Michael Naumann beschreibt hier in hervorragender Weise die üblen innerparteilichen Zerstörungsmechanismen der SPD. Und er zeigt auch, dass dies nicht nur ein schleswig-holsteinisches Regionalproblem ist, nein das ist eine klassische Wesensart dieser Partei und der Grund dafür, dass immer mehr Wählerinnen und Wähler sich mit Grauen abwenden. Das ist für die politischen Koordinaten in diesem Land äußerst tragisch. Denn ohne echte Sozialdemokratie werden wir keine – für alle Menschen – akzeptable politische Konstellation haben. WOLFGANG WEDEL, Nürnberg