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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

So rückt die Staatspleite näher

■ betr.: „Zahlen ohne Ende“ u. a., taz vom 11. 5. 11

Die Euro-Krise nimmt kein Ende, weil man ihre Ursachen nicht sehen und erst recht nicht beseitigen will. Durch die Währungsunion bekam die überlegene deutsche Industrie hervorragende Exportchancen. Denn andere EU-Staaten konnten ihre Währung nicht mehr abwerten, was die Importe aus Deutschland verteuert hätte. Das hätte die griechischen Unternehmen in ihrem eigenen Land konkurrenzfähiger gemacht. Stattdessen gab es dort Pleiten, hohe Arbeitslosigkeit, dadurch wenig Steuereinnahmen und hohe Sozialkosten. Das gegen die Staatsverschuldung geforderte Sparen läuft darauf hinaus, den Arbeitslosen und vielen Arbeitnehmern noch weniger zu geben. Das schwächt aber dort die Nachfrage und führt zudem zu Streiks, ist also doppeltes Gift für die Wirtschaft in Griechenland, Spanien usw.

Unser Exportüberschuss saugt ständig Geld aus den Empfängerländern heraus, das den Aktionären der exportierenden Konzerne zufließt. Deren übriges Geld sammelt sich zu Billionen auf den Finanzmärkten. Von dort müssen es sich die Staaten leihen, weil der Geldverlust sonst zum Exitus der Volkswirtschaften führen würde. Doch so rückt die Staatspleite immer näher, auch für unser Land. Gegen diese Charybdis hilft nur die von der Linken geforderte Reichensteuer auf hohe Einkommen und große Vermögen. Die Neoliberalen haben schon ein Zugeständnis gemacht: Der Staat darf sich einmischen, um Banken (und damit Vermögen der Reichen) zu retten. Nun mögen sie ihm auch genügend Steuereinnahmen zugestehen. Und statt auf einen jährlichen Exportüberschuss von über 100 Milliarden Euro stolz zu sein, sollten wir lieber über eine Arbeitszeitverkürzung nachdenken. Der technische Fortschritt sollte mehr Freizeit bringen und nicht den ewigen Zwang zum Wachstum, der wirtschaftlich schwächere Länder beschädigt und unsere Lebensgrundlagen zerstört. HANS OETTE, Neuenstadt

Sprache der verdrucksten Spießer

■ betr.: „IWF-Chef wegen Sex-Vorwürfen in Haft“, taz vom 16. 5. 11

Was sind „Sex-Vorwürfe“? Es geht bei der Anschuldigung gegen Strauss-Kahn nicht um „Vorwürfe“ (?) wegen Sex, sondern um versuchte Vergewaltigung, also ein schweres Verbrechen. Es geht auch nicht um einen „Sexskandal“. Das ist der Sprachgebrauch des verdrucksten sensationslüsternen Spießers. INGE SUCHSLAND, Köln

Alternative Antriebe fördern

■ betr.: „Bund plant Förderung für mehr Elektroautos“,taz vom 16. 5. 11

Es haben wohl noch nicht allzu viele Autofahrer in diesem Autoland verstanden, dass es nicht funktionieren wird, einfach ihren Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor und ein paar Batterien zu ersetzen. Diese Pläne können so nicht funktionieren, weil die beiden wichtigsten Rohstoffe für beide Konzepte (Benzin und Edelmetalle für die Batterie) nur begrenzt vorhanden sind und die Preise für beide eher steigen werden. Die Politik sollte alternative Antriebe fördern, aber wenn dabei der Premium SUV mit E-Motor herauskommt oder die Abwrackprämie 2.0, ist das der falsche Weg. Die Zukunft der individuellen Mobilität auf kurzen und mittleren Strecken hat zwei statt vier Räder, egal ob mit E-Motor oder nicht.

STEPHAN KLÖCKNER, Hamburg

Augenmerk auf große Würfe

■ betr.: „Bewahren und verändern“, taz vom 12. 5. 11

Ingo Arends Erwartung an den grünen Kulturabend, dass eine Performance zu „anderer Lebensweise“ animiert und die Form eines „Brückenschlages zwischen Bourgeoise und Antibourgeoise“ bei den Grünen sich offenbaren wird, zeigt, dass Ingo Arend offenbar große Schritte gewohnt ist und die selbstredend auch von einem Kulturabend erhofft hat. Sein Augenmerk auf solch große Würfe und auch auf Äußerlichkeiten wie gebügelte Stoffservietten wirkt erheiternd: Machen denn Kleider Leute? Dumpfheit gedeiht in allen Kreisen und kann sich leider oft gut verkleiden. Kunst hat den Vorteil, dass man sich ganz auf den Ausdruck eines Werkes konzentrieren kann und sich dem eigenen Geschmack hingeben darf, Kunst ist in allererster Linie Formensprache, ein geistiges und gefühlsmäßiges Spiel. Absichtsvoll erwartete oder induzierte Inhalte behindern oft den Blick auf den formalen Ausdruck. Ravel und Degenhardt sind gleich viel Kunst! Ich bin als bildender Künstler schon froh, wenn Kunst überhaupt zum Thema gemacht wird bei politischen Parteien. RICHARD GRUBER, Schrobenhausen

Geliefert, aber nicht bestellt

■ betr.: „Tapetenwechsel vollzogen“, taz vom 16. 5. 11

Aha, Herr Rösler, ab heute wird die FDP also liefern? Darf ich Sie auf § 241a BGB (Unbestellte Leistungen) hinweisen: ich muss diese Lieferung gar nicht annehmen, darf sie aber im Zweifelsfall leider nicht einfach wegwerfen, sondern muss sie aufheben, wenn sie „in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte“. Die konsequente Fehlerkultur wird also bei der neuen FDP weiter gepflegt wie bisher, wahrscheinlich wieder mit dicken Paketen an Hoteliers oder andere Bedürftige, gerechtfertigt durch Gründe des Gemeinwohls. Die leeren Kartons bleiben bei mir im Keller liegen. Unter einer Vorsitzenden Leutheusser-Schnarrenberger wäre das nicht passiert!

ALEXANDER KEMPE, Wiesbaden