LESERINNENBRIEFE :
Was alles geht und was nicht
■ betr.: „Oktoberfest. Ausgschbiebn is!“, taz vom 27. 9. 14
Danke für den Beitrag auf der letzten Seite der letzten Wochenend-Ausgabe. Der Autor hat mir aus der Seele gesprochen, allerdings dachte ich immer, die letzte Seite wäre satirisch gemeint.
Vielleicht sollte man zum Thema Oktoberfest noch den Gedanken hinzufügen, dass es bei diesem Mega-Event (so heißt das heutzutage), immer wieder eine organisatorische Meisterleistung ist, bei der ca. sechs Millionen Menschen abgefüttert und bespaßt werden. Wenn ich das nun mit dem Thema „Flüchtlinge“ zusammenbringe, unter dem die ganze Republik und besonders auch der Freistaat stöhnt, dann wundere ich mich doch sehr, was alles geht und was nicht. ROBERT RICHTER, München
DDR-Bürger hatten Glück
■ betr.: „Wer die Toten ehren will, muss die Lebenden schützen“, taz vom 2. 10. 14
Am 3. Oktober lief auf der ARD der Doku-Film „Zug in die Freiheit“ über die dramatischen Demonstrationen im Jahre 1989 in der DDR und die letztendliche Ausreise von tausenden von Menschen. Zur Begrüßung sagten die westdeutschen Diplomaten: „Sie brauchen keine Angst mehr zu haben, Sie sind jetzt in der Freiheit“.
In der taz las ich den Artikel „Horror in der Wüste“ über die unmenschlichen Umstände in Eritrea und den Artikel „An einem gottverlassenem Ort“ über die Roma in Serbien. Die DDR-Bürger haben wirklich Glück gehabt, dass es zwischen der BRD und der DDR keinen sicheren Drittstaat gab, in dem sie sonst gestrandet wären. Ich schäme mich für die Flüchtlingspolitik meines Staates.
ARNE MATSCHINSKY, Hamburg
Viele Wege zum Schulabschluss
■ betr.: „Schularbeit und Struktur“, „Flexibel wie beim Führerschein“, taz vom 1. 10. 14
In beiden Artikeln geht es um die Schullandschaft in Deutschland, um freie Schulen mit innovativen Konzepten und auch um ein staatliches Gymnasium.
Wenn man sich die Debatten um G8, G9 und die Inklusion, die kaum bezahlt wird, anschaut, dann fehlt mir oft die Kreativität. Wie kann es sein, dass wir in einer so vielfältigen Gesellschaft leben, die individualisiertes Lernen fordert und die dann Schulversuche und die Konzepte von freien Schulen als exotisch betrachtet. Wenn wir Kinder individuell fördern wollen, dann brauchen auch staatliche Schulen mehr Rechte auf Selbstbestimmung.
Begleitung und Evaluation durch die Behörden sind wichtig, aber die einzelnen Schulen sollten viel mehr Freiraum haben, sich zu entwickeln und voneinander zu lernen. Wir haben so viele Kinder, die in den Regelschulen nicht zurechtkommen. Durch unterschiedliche Profile der Schulen wäre es möglich, diese Kinder aufzufangen und ihnen Perspektiven für einen guten Start zu geben. Das gilt vom Inklusionskind bis zum besonders begabten Gymnasiasten. Nur das kann der Weg sein und deshalb sollte jegliches Engagement in Richtung Pluralität in der Schullandschaft begrüßt und gefördert werden. Es müssen viele Wege zum Schulabschluss führen.
Deshalb sollte ein sollte Genehmigungsverfahren, wie im Artikel dargestellt, vereinfacht werden, denn es hält viele Lehrerkollegien ab, sich zu entwickeln, wenn man erst den Beschluss der Kultusministerkonferenz abwarten muss. Schulentwicklung muss endlich aus den Lehrerkollegien kommen und nicht von Politikern gemacht werden, die auf ihr eigenes Prestige und ihre Machtansprüche Wert legen. MONIKA ERBSTEIN, Hamburg
„Gläschen“ gezählt
■ betr.: „Abhängigkeit beginnt, bevor die Leberwerte sich ändern“, taz vom 30. 9. 14
In der ersten Zeit habe ich die Kolumnen von Daniel Schreiber aus Neugierde gelesen. Die Neugierde ist sehr schnell einer Ernüchterung gewichen, denn auf einmal waren Familienfeste und Freundesfeste für mich ungewollte „Coming Outs“ von Familienangehörigen und Freunden. Doch auch ich habe angefangen meine „Gläschen“ zu zählen. Die Fastenzeit habe ich oft für mich als Testzeit genommen, um zu sehen und zu fühlen, ob es auch „ohne“ geht; und ich muss sagen: es ging, aber die Lust auf Alkohol war zu spüren.
Ja, Daniel Schreiber hat recht: Das Bagatellisieren und Ein-ganzer-Kerl-Gehabe, Belächeln und Ich-brauche-jetzt-Entspannung-Erklärungen waren bei den Feieranlässen nicht zu übersehen und -hören. Vorsichtiges Nachfragen und Hinweise auf Mengen und Prozente der Getränke erzeugten ein nachsichtiges Lächeln und „Spaßbremse“. Die Kolumnen und ihre „Lehren“ werden allen fehlen.
SIBYLLA M. NACHBAUER
Spinnerte Entwicklungen
■ betr.: „Gemüse für den Hund“, taz vom 1. 10. 14
Das Missionieren für vegane Kost darf sich nicht auf Hund und Katze beschränken. Es empfiehlt sich, Task-Forces einzurichten, die in den Steppen Sibiriens, in den Savannen Afrikas, im Ozean und in der Vogelwelt Kurse anbieten, wie man davon ablässt, anderes Viehzeug aufzufressen. Damit genügend Möhrchen für Wolf, Adler und Hai produziert werden können, sollte man die Gemüse-Plantagen mit dem düngen, was solche spinnerten Entwicklungen sind: mit Mist! FRITZ LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach