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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

„So tun als ob“

■ betr.: „Der Soldat wird Teilzeit-Angestellter“, „Warum der Bundeswehr die Bewerber fehlen“, taz vom 30. 10. 14

Ich bin sehr erstaunt, dass in Ihren Artikeln nicht mit einem Wort erwähnt wird, dass die Bundeswehr eben kein Arbeitgeber wie jeder andere ist und Sie damit auf ganzer Linie mit der Bundesverteidigungsministerin liegen, die genau das suggerieren will mit ihrer Attraktivitäts-„Offensive“. Die Bundeswehr wirbt mit dem „Teamgeist“ – zu meinem großen Entsetzen jetzt auch im Fernsehen – und nicht mit dem, was die Menschen, die Panzer, Gewehre etc. bedienen, anrichten. Ich denke, es macht keinen Unterschied, ob eine Soldatin oder ein Soldat in Teilzeit oder Vollzeit, direkt oder indirekt im sogenannten Ernstfall tötet oder, auch dazu gab es schon Artikel in der taz, traumatisiert aus dem Krieg zurückkommen. Den Slogan „Wir. Kriegsdienen. Deutschland“ fände ich passender. Ob sich „die klügsten Köpfe und geschicktesten Hände“ dann wirklich zu einer Arbeit bei der Bundeswehr entscheiden, müssen sie moralisch und ethisch selbst verantworten. Aber dieses „So tun als ob“ die Bundeswehr ein normaler Arbeitgeber sei, ist mir unbegreiflich. Aufkleber in der S-Bahn über der Bundeswehrwerbung „Kein Werben fürs Sterben“ bringen es auf den Punkt.

Ich hätte in der taz bei Ihren Artikeln ein kritischeres Wort dazu erwartet, oder zumindest einen Kommentar. Die Debatten Pazifismus, Rüstungsexporte, Krieg, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Wirtschaftsinteressen der Rüstungsindustrie etc. müssen in großen Zusammenhängen geführt werden. Und das ist anstrengend, aber unumgänglich. Zu der Pazifismusdebatte, zu der es in den letzten Wochen mehrere Artikel in der taz gab, finde ich persönlich die Leserbriefe in der taz vom Wochenende sehr treffend.

STEFAN KLATT, Berlin

Das ist der Klassenfeind

■ betr.: „Das Coming-out“, „Pflanzen essen“ von Ariane Sommer, taz vom 1. 11. 14

Hm, und ich dachte, das größte Geschenk für Tim Cook wären die 115 Millionen Dollar, die er dieses Jahr verdienen wird. In der Tat, die sexuelle Orientierung eines Menschen, der als Chef eines multinationalen Konzerns arbeitet, interessiert mich nicht die Bohne. Hey! Das ist der Klassenfeind! Diese Leute arbeiten am Weltuntergang.

Und Adelsklatschgeschichten gehören in die Gala. Aber da nähert sich die taz ja mitunter an. Da hätten Ariane Sommers Ergüsse über die Probleme hingehört, die man in Beverly Hills mit nicht veganen Gärtnern so hat. Ich glaub, ich bin beim Zahnarzt.

FLORIAN NELLE, Pulheim

Stillhalten und Taktieren

■ betr.: „Kleingewerkschaften kommen an die Kette“, taz vom 30. 10. 14

Mir erschließt sich das Stillhalten und Taktieren von Teilen des DGB nur dann, wenn dieser mit der SPD (Gabriel und Nahles in vorderster Reihe) in Richtung einer Einheitsgewerkschaft à la „Arbeiter-und-Bauernstaat“ arbeitet.

Frau Merkel und die CDU sollten jetzt schnell die Gunst der Stunde nutzen und ein Gesetz einbringen, dass nur noch die Partei im Land regiert, die über eine Mitgliedermehrheit verfügt. Alle anderen müssen sich auflösen oder den Forderungen dieser „Superpartei Einiges Deutschland“ (SED) anpassen. Das würde die Parteienlandschaft in unserem Land „verschlanken“. Wetten, dass die SPD auch hier mitmachen würde! PETER PÖNICKE, Dortmund

Folgen der Zivilisation

■ betr.: „Keine Angst ist auch keine Lösung“, taz vom 31. 10. 14

In seiner Kolumne zu Halloween erwähnt Bernhard Pötter neben anderen „verborgenen Schrecken“, dass „gerade wichtige Teile der Antarktis auseinanderbröckeln“. Damit wäre ein entscheidender Kipppunkt des Klimawandels überschritten und mit ziemlicher Sicherheit ein Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter in den nächsten Jahrhunderten durch nichts mehr aufzuhalten. Darüber möchte ich bitte an zentraler Stelle viel mehr Informationen und Diskussionen in der taz lesen. Denn diese Entwicklung ist für das weitere Schicksal der Menschheit und unseres Planeten viel einschneidender als alles andere, was derzeit die Zeitungsseiten füllt.

Ich halte es für eminent wichtig, dass wir uns mit diesen Folgen unserer Zivilisation konfrontieren und auf dieser Wissensbasis den Klimaschutz forcieren. WOLFGANG SCHÄFER, Waldkirch

Mit Wissen weiterhelfen

■ betr.: „Goldrausch im Naturschutzgebiet“, taz vom 30. 10. 14

Wie können wir Europäer es den Menschen in Peru verdenken, eine Arbeit anzunehmen, die mal eben das 10- bis 20-fache des bisherigen Monatseinkommen hergibt? Wollen wir den Urwald retten und die Verseuchung von Mensch und Tier verhindern, sollten wir den Menschen mit kostenlosem Wissen weiterhelfen. Zum Trennen von Gold und Schlamm lässt sich nicht nur Quecksilber verwenden, sondern auch Seifenprodukte aus der westindischen Ulme oder dem Balsa-Baum sind geeignet, beide wachsen zum Beispiel im Chocó-Regenwald im Nordwesten Kolumbiens.

Freiwillig vergiften sich die Menschen auf keinen Fall, die Hoffnung auf ein besseres Leben treibt sie an; unterstützen wir sie.

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg