LESERINNENBRIEFE :
Schluss mit der Heuchelei!
■ betr.: „K wie genial“, taz vom 27. 7. 11
„C wie Zukunft“ ist nicht nur genial, es ist wirklich revolutionär bezüglich einer neuen Ehrlichkeit in der Partei: Schluss mit der Heuchelei! Jetzt weiß auch der letzte Bauer im letzten Winkel der Republik, dass das „C“ im Namen dieser Partei nichts mit „christlich“ zu tun hat! Hut ab vor so viel Mut, Herr Caffier! SABINE MIEHE, Marburg
Psychische Störungen
■ betr.: „Immer mehr psychisch Kranke kommen in Krankenhäuser“, taz vom 27. 7. 11
Die zitierte Aussage von Schlenker („neue Volkskrankheit“) suggeriert, dass psychische Erkrankungen stark zugenommen hätten. Dafür gibt es aber keinen Beweis. Im Gegenteil, aus manchen Studien könnte auch der Schluss gezogen werden, dass die Prävalenz psychischer Erkrankungen gesunken ist, z. B. weil die schwer kriegstraumatisierten (Zweiter Weltkrieg) Menschen versterben. Die Auswertung von 44 epidemiologischen Arbeiten, die das Vorkommen psychischer Störungen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen untersuchten, ergab, dass weder bei allgemeinen psychischen Störungen noch bei spezifischen Störungsbildern – außer bei der Demenz – ein eindeutiger anhaltender Trend in Richtung Anstieg belegt werden kann. (Richter, D et al, Nehmen psychische Störungen zu? Eine systematische Literaturübersicht, Psychiat Prax 2008; 35: 321-30, DOI=10.1055/s-2008-1067570). Die zuweilen unterstellte Zunahme psychischer Störungen, z. B. aufgrund des sozialen Wandels der Gesellschaft, konnte nicht bestätigt werden. Es ist nur so, dass Ärzte psychische Diagnosen häufiger in Abrechnungen und Krankmeldungen aufschreiben.
DIETER WETTIG, Facharzt für Allgemeinmedizin, Wiesbaden
Eine Kultur des Wegschauens
■ betr.: „Sieg für Altenpflegerin“, taz vom 22. 7. 11
Da macht eine Altenpflegerin auf unhaltbare Zustände in einem Altenheim aufmerksam, das weist ein Lkw-Fahrer auf fragwürdiges Frachtgut (Gammelfleisch) hin, da kritisiert eine Tierärztin, dass BSE-Fleisch in den Handel gelangt, und: Die drei aufmerksamen Verfassungsschützer werden von ihren Arbeitgebern (öffentlichen wie privaten) entlassen. Und Gerichte bestätigen diese Entlassungen, weil die Arbeitnehmer Betriebsgeheimnisse ans Licht der Öffentlichkeit gebracht haben, weil sie ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verletzt haben.
Hohe Repräsentanten unseres Staates fordern in ihren Sonntagsreden uns Bürger auf, „nicht wegzuschauen“, aber im politischen Alltagsgeschäft pflegen sie eine Kultur des Wegschauens, des Verschweigens. Endlich hat jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Absurdität beendet und die Bundesregierung erinnert, ein Whistleblower-Gesetz zu verabschieden.
EUGEN PRINZ, Schwarzenbek
Zu negativ definiert
■ betr.: „Zwei Pässe, ein Zeichen“, taz vom 27. 7. 11
Der Kommentar definiert die Beweglichkeit der CDU unter zu negativen Gesichtspunkten. Denn auch wenn es stimmt, dass dem Thema der doppelten Staatsbürgerschaft gerade für konservative Kreise eine sehr starke Symbolkraft anhaftet, können sich ebenfalls jene nicht dauerhaft der veränderten gesellschaftlichen Realität verweigern. Es sei denn, sie wollen noch weiter mit ihrer Partei ins Abseits driften und den Zugang zur wahlentscheidenden Mitte der Bevölkerung verlieren. Weswegen ein neues Angebot an die Christdemokraten zur Überarbeitung des Staatsbürgerrechtes durchaus lohnt und einigen Erfolg verspricht. Zumal mittlerweile mit David McAllister selbst einer ihrer Ministerpräsidenten über zwei Pässe verfügt. Und somit die längst überfällige Angleichung der deutschen Normen an internationale Standards nicht nur wie in der Vergangenheit auf einer theoretischen, sondern ebenso sehr lebensnahen und praktischen Ebene behandelt werden kann! RASMUS PH. HELT, Hamburg
„Verdient“ haben Banker nichts
■ betr.: „Dreifachspitze für Deutsche Bank“, taz vom 26. 7. 11
Im Zusammenhang mit dem Führungswechsel bei der Deutschen Bank werden meist Worte nicht korrekt verwendet. Wenn ein Banker an der Warenterminbörse pro Stunde 800 Euro für den Handel mit Kakao oder Kaffee kassiert, während das Produkt von Kindersklaven angebaut wird, die keinen Cent bekommen, kann man wohl kaum davon sprechen, dass der Banker das Geld „verdient“ hat. Auch wenn ein intelligenter Kopf so komplizierte Wertpapiere auflegt, dass niemand diese durchschaut, sie aber nur Schrott-Kredite enthalten, die Bank dadurch Milliarden einsammelt und die Weltwirtschaft ins Chaos stürzt, kann man nicht davon sprechen, dass diese Bank das Geld „verdient“ hat. In diesem Zusammenhang muss man sich regelrecht davor fürchten, wenn Anshu Jain nun Chef der Deutschen Bank wird. Die von Ackermann ausgerufene Profitgier zu Lasten ethischer Handlungen hat maßgeblich jener Jain in London umgesetzt. Gnade allen, die nicht so viel Geld irgendwo auf der hohen Kante liegen haben, dass sie kaum noch wissen, wohin damit. Alle, die sich ihr Geld wirklich verdienen, müssen mit noch schlimmeren Auswüchsen rechnen, denn man darf nicht darauf hoffen, dass Jain sich plötzlich wandelt und das Bankhaus auf ethische Richtlinien umstellt.
STEFAN BLUEMER, Mülheim an der Ruhr