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Archiv-Artikel

LEGEHENNENVERORDNUNG: DIE ERSTE RUNDE GEHT AN RENATE KÜNAST Deutschlands Hühner atmen auf

Gestern ging es im Bundesrat nicht nur um 50 Millionen deutsche Legehennen. Es ging auch um die Agrarwende. Hühnerhaltung ist längst zum Symbol geworden für den Wunsch der Menschen, die Quälerei und Ausbeutung der Kreatur in unseren Agrarfabriken zu stoppen. Verbraucherschutzministerin Renate Künast ist mit diesem Thema stark identifiziert. Die Befreiung aus den Käfigknästen war immer eines ihrer Vorzeigeprojekte. Nicht zuletzt ging es auch um die Frage, ob die Hühnerbarone die deutsche Agrarpolitik bestimmen – oder ob die Ministerin und die gesellschaftliche Restvernunft sich in Teilbereichen durchsetzen kann. Ergebnis: Diese Runde geht erst mal an Künast.

Im Bundesrat allerdings hatten sich Niedersachsen (CDU) und Mecklenburg-Vorpommern (SPD) – dort stehen die großen Legebatterien – mit einem dubiosen Antrag durchgesetzt. Der Beschluss der Länderkammer hätte bedeutet: Einführung des Prinzips „schöner Wohnen“ in der Legebatterie durch „ausgestaltete“ Käfige, wie sie auch die EU vorsieht. Gleichzeitig wäre das für den 1. Januar 2007 vorgesehene Käfigverbot auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben worden. Doch damit war das Huhn noch nicht geschlachtet. Künast zeigte Stärke und verkündete, sie werde die vom Bundesrat beschlossene Verordnung nicht unterschreiben. Damit beantwortete die Ministerin eine für ihre künftige Agrarpolitik entscheidende Frage: Lässt sie sich vom Bundesrat einen Ring durch die Nase ziehen und einmal quer über den Bauernhof schleifen oder zeigt sie Stärke, um sich und die 50 Millionen Hühner aus dem Würgegriff zu befreien? Künast zeigte Rückgrat, und damit bleibt alles beim Alten: Die rechtskräftig verabschiedete Legehennenverordnung des Jahres 2002, die ab 2007 das Käfigverbot vorsieht, bleibt in Kraft.

Einziges Dilemma: Künast hat jetzt keine Schweineverordnung, weil diese mit den Hühnern verkoppelt worden ist. Da werden jetzt die EU und die Schweinemäster Druck machen. Die Ministerin steht also ganz schön unter Dampf. Aber erst mal hat sie das Schlimmste verhindert. 50 Millionen Hühner können aufatmen. MANFRED KRIENER