LANDESPARTEITAG: CDU arbeitet an Profil
Christdemokraten loben die Arbeit in der rot-schwarzen Koalition, grenzt sich aber zugleich klar von der SPD ab. Parteichef Frank Henkel erhält 84 Prozent.
Klare Kante zeigen. Das war mal SPD-Sprache, der frühere Parteichef Franz Müntefering redete gern davon. Am Samstag war es die Berliner CDU, die bei ihrem Parteitag ebendiese klare Kante zeigte und sich bei allem Bekenntnis zur rot-schwarzen Koalition von der SPD abgrenzte. Das begann mit einem klaren Ja zur Polizei und zur Videoüberwachung und reichte bis zur Ablehnung von Rekommunalisierung. Am Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) aber mochte der Landeschef Frank Henkel nicht rütteln. Es sei tatsächlich „in den vergangenen Monaten nicht alles so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe“, sagte Henkel. Trotz allem sei Wowereit aber „ein wichtiger Stabilitätsgarant in dieser Koalition“.
Im Neuköllner Estrel Hotel saßen am Samstag fast 300 CDU-Delegierte zusammen. Henkel, nach einer dreiviertelstündigen Rede euphorisch beklatscht, wurde mit 83,7 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Generalsekretär Kai Wegner erhielt über 91 Prozent. Bei seiner letzten Wahl, 2011, hatte Henkel noch 96 Prozent geholt. Das war aber vor der Abgeordnetenhauswahl, als es der CDU ausdrücklich darum ging, Geschlossenheit zu demonstrieren. Zudem ist Henkel seit vergangenem Jahr wegen massiver Pannen beim Verfassungsschutz stark in die Kritik geraten.
In einem benachbarten Saal des Hotels hatte eine Woche zuvor noch die Berliner SPD getagt. Die stimmte dafür, das erst im April beschlossene Gesetz zu kippen, das Filmaufnahmen von Großdemonstrationen ermöglicht. Die Jusos hatten zudem gefordert, der Polizei den Einsatz von Pfefferspray zu verbieten.
Ganz anders sah die Lage bei den Christdemokraten aus. „Es würde unserer Gesellschaft guttun, wenn wir den Beamten öfter mal Danke sagen“, gab Generalsekretär Wegner vor. Er wisse, „welch schwierigen Job Polizisten machen und welchen Gefahren sie ausgesetzt sind“. An die SPD und zu deren Diskussionen über eine Wowereit-Nachfolge sagte Wegner: „Unsere Führungsfragen sind alle geklärt.“ In anderen Parteien sei das nicht so. „Wir sind die geschlossenste Partei in dieser Stadt.“
Mit dem „lieben Koalitionspartner, den wir in dieser Stadt sehr schätzen“, arbeite man pragmatisch und unideologisch zusammen, so der Generalsekretär weiter. Umso mehr wundere er sich, wenn ein führender SPD-Vertreter – gemeint war Fraktionschef Raed Saleh – das in Interviews auch immer so sehe, dann aber sage, man mache linke Politik. „Er sollte begreifen, dass linke Politik bei der Wahl 2011 abgewählt wurde“, sagte Wegner. Und weiter: „Wir stehen für linke Politik nicht zur Verfügung.“
Diesen Kurs setzte später Parteichef Henkel fort. „Wo Wettbewerb funktioniert, da wollen wir ihn auch schützen“, sagte er. „Es braucht eine starke CDU, die ihrem Koalitionspartner auch die Grenzen aufzeigt, sollte dieser zu sehr in Versuchung kommen, was Verstaatlichung betrifft.“
Eine deutliche Ansage machte Henkel auch zur Beamtenbesoldung: „Ich weigere mich als Innensenator, meinen Polizisten und Feuerwehrleuten zu sagen, dass ich für sie kein Geld habe.“ Mindestens 3 Prozent mehr sollen sie künftig verdienen, „da sende ich von unserem Parteitag das klare Signal an unseren Koalitionspartner“. Auch die tags zuvor vorgestellten Zensus-Ergebnisse, derentwegen Berlin rund eine Milliarde Euro zurückzahlen muss, dürften da keine Ausrede sein.
Braun wiedergewählt
Von der Bundestagswahl erhofft sich die Berliner CDU, die derzeit sechs Abgeordnete im Bundestag hat, mindestens sieben Mandate. Den Wahlkampf verantwortet eine fast unveränderte Führungsmannschaft: Neben Parteichef Henkel und Generalsekretär Wegner sind als Stellvertreter wie bislang die Bundestagsabgeordneten Monika Grütters und Frank Steffel sowie Michael Braun gesetzt, der Ende 2011 als Justizsenator zurückgetreten war. Braun bekam 65,8 Prozent der Stimmen. Neu in der Stellvertreterriege ist Andreas Statzkowski, Staatssekretär in Henkels Innenverwaltung, der bisher Schatzmeister war. Der bisherige vierte Vize Thomas Heilmann war nicht wieder angetreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen