Kommentar: Kurzschluß
■ Ein historischer Tag des Bremer Senats
In 100 Jahren stehen Bremen-Historiker vor einem merkwürdigen Phänomen: Warum bloß hat der Senat am 23. Januar 1996 verfügt, daß so grundverschiedene Dinge wie eine Straßenbahnlinie in Schwachhausen, eine Messehalle auf der Bürgerweide und ein Straßentunnel in Hemelingen künftig nur noch „im Paket“ behandelt, gemeinsam beschlossen und gebaut werden müssen?
Alle verbürgten Erklärungen, die der damalige Bürgermeister Scherf und Finanzsenator Nölle dazu abgegeben hatten, werden den Historikern nicht weiterhelfen. Von einem „Gleichgewicht“ wird da die Rede sein, das zwischen den Parteien SPD und CDU „eingehalten“ werden müsse und von „Kröten“, die der eine oder andere sich zu schlucken bereiterklärt habe. Doch was ging das die Landesregierung an? War die doch qua Verfassung verpflichtet, sich am Wohl des Volkes und nicht am Wehe von Parteien zu orientieren.
Lange wird es dauern, aber am Schluß werden die Historiker doch noch verstehen, was da los war Anfang 1996. Viele Jahre Sparzwang hatten die Nerven der politischen Klasse bloßgelegt und am 23. Januar zu dem geführt, was dann als „historischer Kurzschluß“ in die Annalen eingehen sollte. Zwanghaft hatte der Senat an einem einzigen Tag das Teuerste beschließen müssen, was in Bremen gerade so an Ideen kursierte. Nichts als ein Zufall, daß das gerade Messehallen, eine Straßenbahnlinie und ein Tunnel war. Dirk Asendorpf
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