Kurzkritik: das Ikarische Ensemble im Lagerhaus : Abstürzen wie Ikarus
Das Konzert beginnt auf dem Klo. Auf selbst gebastelten Zettelchen über der Pissrinne stehen Witzigkeiten wie „Die Scheiße ist ein gewichtigeres theologisches Problem als das Böse“. Unterschrieben von www.ikarisches-ensemble.de.
Das hochgelobte Hochbegabten-Trio, bekannt für Titel wie „Gottes Kot“, studiert und pubertiert derzeit in Weimar, Würzburg und an der Hochschule für Künste in Bremen. Während der hanseatischen Premiere präsentieren sich im Lagerhaus ein groovesteif variantenreicher Trommler und ein warmherzig jazzender Melodiker am Bass. Sie zelebrieren aggressive Rhythmus- und Tempiwechsel, über die in ausladenden Instrumentalpassagen Zitate aus Klassik und Art-Rock mit reichlich Metal-Riff-Gekreisch arrangiert und wieder zersplittert werden.
Stopp-und-Go-Musik. Anformulieren, abbrechen. Forcieren, entspannen. Prätentiös neu beginnen und wieder abstürzen – wie Namensgeber Ikarus. Die technischen Fertigkeiten sind da, nicht aber die Fähigkeiten, daraus druckvoll vitale, organisch sich entwickelnde Musik zu konzertieren. Was vor allem an der Poeten-Parodie des Gitarristen und Pianisten liegt. Mit dünner Oberschülerstimme feiert er seine „pornografische Schamlosigkeit“, die Mutter Gottes als Hure zu bezeichnen. Eingebildete Musik. So unterhaltsam wie Sprüche an der Klotür.
Jens Fischer
Das Ikarische Ensemble spielt am 19.2. um 20 Uhr „Theatermusik“ in der HfK.