Kurnaz-Ausschuss endet ohne Ergebnis: Misshandlungsfrage bleibt unklar
Ob deutsche KSK-Kräfte den Gefangenen Murat Kurnaz 2002 misshandelt haben, ist offiziell ungeklärt. Die Grünen und die Linkspartei kritisieren den Untersuchungsausschuss hart.
![](https://taz.de/picture/377433/14/kurnaz_04.jpg)
Ob der türkische Bremer Murat Kurnaz 2002 von Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan misshandelt worden ist, bleibt auch nach der Untersuchung durch den Verteidigungsausschuss des Bundestags offiziell ungeklärt. Der Vorsitzende der Untersuchung Karl Lamers (CDU) erklärte am Donnerstag: "Die Mehrheit des Ausschusses ist der Meinung, dass der Nachweis für die von Kurnaz erhobenen Vorwürfe ebenso wenig erbracht werden konnte wie der Nachweis des Gegenteils."
Diesen Sommer hatten die Staatsanwaltschaften Tübingen und Stuttgart die Ermittlungen in dieser Sache für abgeschlossen erklärt. So wie die Staatsanwaltschaft Tübingen erklärte nun auch Lamers, dass Kurnaz sehr glaubwürdig wirke. "Es reichte eben nur nicht aus, um den Vorwurf zu erhärten."
Kurnaz war kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 als 19-Jähriger nach Pakistan geflogen und dann in U-Gefangenschaft in Afghanistan gekommen. Im Januar 2002 wurde er ins Foltergefängnis Guantánamo verschoben. Die Weigerung des damaligen Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier (SPD), ihn dort herauszuholen, beschäftigt auch den "BND-Untersuchungsausschuss". Zur Beleuchtung dessen aber, was noch in Kandahar geschah und was das KSK dort in der Frühphase des Afghanistan-Einsatzes überhaupt machte, hatte sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss eingesetzt. Seine Arbeit ist nun abgeschlossen, der Bericht steht noch aus.
Grüne und Linksfraktion äußern jedoch bereits heftige Kritk am Bericht wie an der Regierung. Der Grüne Winfried Nachtwei verlangte, dass die Bundesregierung mit einer Geste des Bedauerns "auf diesen Mann zugeht". Der Linke Paul Schäfer erklärte sogar: Die Vorwürfe Kurnaz gegen KSK-Soldaten "sehen wir bestätigt". Wie die Grünen betont auch die Linke, dass die Aussagen der KSK-Soldaten abgesprochen und "unzuverlässig" wirkten.
Die Grünen bemängeln in ihrem Sondervotum, dass das Verteidigungsministerium nur zäh mitgearbeitet habe, im Kanzleramt sogar "Verweigerungshaltung" geherrscht habe. Der Abschlussbericht sei "geglättet" worden. Dies betreffe jegliche Kritik an US-Soldaten sowie das Angebot an die Deutschen, Kurnaz zu befragen. "Betroffen von den Streichwünschen des Ministeriums sind ferner Aussagen über Unterbeschäftigung und Unterforderung" sowie zu Alkoholproblemen des KSK. Insgesamt sei die Arbeit des KSK von mangelhafter Ausstattung und unklarer Regelsetzung bestimmt gewesen. Verletzt oder getötet worden sei im Zeitraum bis Ende 2002 niemand vom KSK oder durch das KSK. Sein Einsatz sei sehr bald nicht militärisch, sondern "nur noch politisch" als Zeichen guten Willens an die USA begründbar gewesen.
Als Ergebnis des Ausschusses wollen die Koalitionsfraktionen die Regierung zwingen, das Parlament regelmäßig und ausführlich über KSK-Einsätze zu informieren.
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