: Kurdische Akademie
■ Kurdische Forschung kann nur im Exil stattfinden „Kurdische Akademie“ tagte in Bremen“
Eine unabhängige kurdische Universität gibt es in ganz Kurdistan nicht, nicht im Iran, nicht in Syrien, nicht im Irak und erst recht nicht in der Türkei. Kurdische WissenschaftlerInnen beschlossen daher 1984, sich im europäischen Exil eine „Kurdische Akademie“ aufzubauen. Am Wochenende waren west-europäische KurdInnen zu Gast im Bremer Überseemuseum, um ihren zweiten Kongreß abzuhalten.
Die Akademie zählt 30 Mitglieder, KurdInnen und Nicht -KurdInnen, wobei letztere bei Veröffentlichungen bevorzugt anonym bleiben, aus Angst, ihre heikle Forschungsarbeit in den über Kurdistan herrschenden Staaten zu gefährden. Die Akademie pflegt zudem Kontakte zu kurdischen KollegInnen in der Sowjetunion, diesen ist jedoch die Mitgliedschaft verwehrt.
Vorsitzender ist Dr. Kamal Fuad (West-Berlin), der in einer Phase der Liberalisierung in Irakisch-Kurdistan an der Universität Sulaimaniya einen Lehrstuhl für Kurdologie innehatte. „Das war sehr, sehr schön“, sagte der ehemalige Professor. Die Mehrheit seiner Studenten starb inzwischen im Partisanen-Kampf um das befreite, autonome kurdische Gebiet im Irak.
Die Tagung im Überseemuseum war mit Unterstützung der Hochschule Bremen zustande gekommen und widmete sich der kurdischen Sprache und dem irakisch-iranischen Krieg, dem türkischen Nationalismus und den „Kurden im Exil“. Der Direktor des Überseemuseums, Ganselmayr, betonte, es sei ihm eine „besondere Ehre“, die Jahrestagung zu beherbergen, und zeigte sich erfreut darüber, daß trotz aller Eingriffe seitens der türkischen Regierung derzeit die Ausstellung „Alltagsleben der Kurden“ im Überseemuseum ihren Platz finde.
Gleich der erste Vortrag über „Entwicklung und Zukunft der kurdischen Schriftsprache“ machte klar, wie schwierig es eine „Kurdologie“ hat, wenn sie keinen kurdischen Nationalstaat im Rücken hat, der etwa eine gemeinsame Hochsprache durchsetzen kann. Die Anwesenden konnten sich so nicht in einer gemeinsamen kurdischen Hochsprache verständigen, und wer nur einen wenig verbreiteten „türkisch -kurdischen“ Dialekt sprach, hatte Schwierigkeiten, einen „irakischen“ Nachbarn verstehen. Dies tat dem Wunsch nach Austausch in der Akademie allerdings keinen Abbruch.
bd
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