Kunstrundgang : Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Der Kniff wirkt nachhaltig. In seinen Gemälden nimmt der schottische Maler Mark Sadler (dessen Schau bei Christian Ehrentraut von Christine Nippe kuratiert wurde) eine Figurenkonstellation, wie er sie in der Öffentlichkeit beobachtet hat, und platziert sie in einen Innenraum. Diese paradoxe Bewegung führt dazu, dass der Betrachter seiner Bilder gar nicht umhin kann, nicht nur zu schauen, sondern auch nachzudenken. Denn die Szene, in der etwa drei prachtvolle afghanische Reiter hoch zu Ross in einer Art Glaspalast Buzkashi, eine regionale Version von Polo, spielen, ist vielfach deutbar. Sie erinnert an die Hagenbeck’sche Völkerschau und die Art, wie bei uns im 19. Jahrhundert außereuropäische Menschengruppen vorgeführt wurden. Sie wirkt aber auch schrecklich modern und zeitgenössisch, weil der grüne Bodenbelag der Halle, der Graben und die darüber gelegten Planken ein ausgebufftes Trainingsgelände darstellen könnten. Und dann scheinen die Reiter – trotz des großen Formats – die Tradition der persisch-orientalischen Miniaturmalerei zu zitieren. „Between Peshawar and Paris“ legt wirklich ein komplexes Netz nicht nur nationaler, kultureller und historischer, sondern auch intellektueller und ästhetischer Referenzen aus.
Bei Barbara Thumm nun beobachtet man Elke Krystufek bei der entgegengesetzten Bewegung: wie sie alles Private in den öffentlichen Raum stellt. „Nackt und mobil“, wie sie sich selbst einmal bezeichnete, hat sie sich jetzt auf das Medium Film zubewegt. In „A Film Called Wood“ dramatisiert sie aber nicht ihr, sondern Virginia Woolfs und Jan Bas Adlers Innenleben. Sie nennt den Film einen „sehr langen Song“. Es ist ein sehr lustiger, aber auch sehr trauriger Song. Denn beide Künstler begingen Selbstmord. Der Film funktioniert aber auch wie ein Schleier, der Freude und Trauer transparent macht und zugleich versteckt.
Mark Sadler: Between Peshawar and Paris, bis 14. Juli, nach Vereinbarung: 44 03 83 85, Christian Ehrentraut, Linienstr. 132 Elke Krystufek, bis 26. Juli, Di.–Fr. 11– 18, Sa. 13–18 Uhr, Galerie Barbara Thumm, Dircksenstr. 41 und Markgrafenstr. 68