Kunstrundgang : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Zwei Reihen Stellwände stehen Spalier, der Boden ist rissig. Die ehemalige Lagerhalle auf dem Pfefferberg-Gelände, in der die Illustrative 06 stattfindet, sieht nach Provisorium aus. Das Unfertige verleiht der Ausstellung zusätzlichen Reiz, sind doch einige der 25 deutschlandweit eingeladenen Künstler und Künstlerinnen karrieremäßig auf dem Sprung. Zum Beispiel Olaf Hajek, der unter anderem für den Spiegel arbeitet und mit seinen Illustrationen bereits 2003 europäische und deutsche Preise des Art Directors Club gewonnen hat.
Wenn man seinen kleinformatigen Zyklus „Folklore“ sieht, kann man sich gut vorstellen, dass der 1965 geborene Hajek demnächst von einer prominenten Galerie gezeigt wird. Seine Hamster, die mit schwarzhaarigen Damen spazieren gehen, oder seine Eulenköpfe, die aus 20er-Jahre-Kleidern herauswachsen, sind jedenfalls die perfekte Visualisierung eines new weird folk, irgendwo zwischen Henry Dargers manischem Erotizismus und dem Wunderland von Alice.
Auf eine ganz andere Baustelle begibt sich Martin Haake mit seinen Kinderstrichgesichtern, die den Glamour der Stars zurück auf die Staunebene von Fünftklässlern holen. Wo sonst trägt Cameron Diaz einen gezeichneten Bart aus Flusen? Manche Arbeiten ziehen ihre Energie aus der Nähe zum Comic, wenn etwa Micky Maus oder andere Heftchenhelden in André Röslers tapezierter Wandinstallation zu punkigen Ikonen mutieren. Bei Nathalie Huth kommt in der Serie „Les phantomes de …“ noch Verfremdung ins Spiel, wenn sie ihre Gruppenbilder von Schulmädchen oder die einsam in der Landschaft stehenden Gestalten mit einem Strich aus jodroter Farbe abstrahiert. Ganz weit aus dem Fenster lehnt sich allerdings Christian „Chriegel“ Farner: Seine fahlen Nerds sind von Robert Crumbs Figuren kaum zu unterscheiden.