Kunstrundgang : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Eine halbhohe Ziegelmauer, fahrradfahrende Boten mit monsterbündelweise Gepäck. Weithin rot leuchtende Schriftzeichen und schroffe Kommandostimmen aus einem Megafon. Man kann sich die Volksrepublik China gut vorstellen, die Heike Baranowsky in den Jahren 2005 und 2006 bereist hat. Deshalb hat man die erzählerische Ebene der Videos, die sie in der Galerie Barbara Weiss zeigt, auch schnell abgehakt.
Was bleibt, sind raffiniert geschnittene Loops, die eine gewaltige Sogkraft erzeugen – man starrt gebannt auf die Choreografie zweier immer wieder springseilspringender Kinder, zählt die Sekunden, bis ein Kuli erneut durchs Bild radelt. Und man lernt, wie schnell man den eigenen Klischees vom Kommunismus mit asiatischem Antlitz aufsitzt. So ist das lautstarke Geplärre keine Parteirede, sondern ein Sprecher, der zu Werbezwecken die Speisekarte eines nahen Restaurants vorliest. Diese Art von Unschärferelationen im Umgang mit der vermeintlich dokumentarischen Realität ist Baranowsky wichtiger als das dann aber auch extrem genaue Handwerk. Wer ihren Film über das Flaggenhissen am Tianamenplatz sieht, wird ohnehin seinen Augen kaum trauen.
Solche Fragen nach korrektem Abbild und formaler Akkuratesse überlässt Matthew Barney gewiss seinem Produktionsteam. Seine Zeichnungen sind trotzdem sehr schön. Zarte Striche, die bei Deutsche Guggenheim obszöne Mischwesen aus Frau und Walfisch ergeben. Im Zentrum steht allerdings der big deal: das Aufeinandertreffen von Barney und Joseph Beuys als ein Zusammenspiel von Maskeraden, Mythologien und inszenierten Ritualen. Im Kern sind die beiden ja gute alte Performance-Schule – wie sie eben von zenbuddhistischen Künstlern kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erfunden wurde. In Japan, nicht in China.