Kunstpädagogik und Bauhaus: Der Bauhäusler
Die Ausstellung „Alfred Ehrhardt – Malerei, Zeichnung, Grafik“ ist der Beitrag der gleichnamigen Stiftung zum Bauhaus-Jubiläum.
Schon einmal annoncierte man an der Adresse Auguststr. 75 „Alfred Ehrhardt – Malerei, Zeichnung, Grafik“. Das war vor drei Jahren. Damals zeigte die Stiftung das Frühwerk ihres Namensgebers, das entstanden war, bevor er das Bauhaus kennengelernt hatte. Jetzt, im Jahr des Bauhaus-Jubiläums, werden Bilder, Zeichnungen und Grafiken aus der Zeit nach Dessau präsentiert.
Alfred Ehrhardt (1901 bis 1984) war ein Multitalent. Ursprünglich als Organist, Chorleiter und Komponist ausgebildet, war es sein Ehrgeiz als bildender Künstler zu reüssieren. Der Kirchenmusiker arbeitete daher nach seinem Abschluss als Lehrer für Musik, rhythmische Gymnastik und Kunst am reformpädagogischen Landerziehungsheim Bad Gandersheim.
Dessen Gründer, Max Bondy, schickte seinen Kunstpädagogen im Wintersemester 1928/29 zur Fortbildung nach Dessau. Dort absolvierte Ehrhardt nicht nur den obligatorischen Vorkurs bei Josef Albers, sondern wurde aufgrund seiner Erfahrung im Unterrichten auch als Hilfslehrer eingesetzt. Seine Bekanntschaft mit der Lehre und Praxis von Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer, Lyonel Feininger, vor allem aber Paul Klee wird in den nun ausgestellten Arbeiten durchaus deutlich.
Mit Spachtel und mit Pinselstrich
War zuvor noch ein starker Einfluss von Expressionismus und Kubismus in seinen Gemälden zu beobachten, so kennzeichnet nun die besondere Aufmerksamkeit für das Werkzeug des Malens seine in Tempera auf Masonit-Holzfaserplatten entstandenen abstrakten Kompositionen.
läuft bis 18. April, Alfred Ehrhardt Stiftung, Auguststr. 75, Di.–So. 11–18
Alfred Ehrhardt gestaltet seine von geometrischen Elementen beherrschten Oberflächen nicht mehr nur durch Farbe und Form, sondern ganz deutlich durch die Form des Farbauftrags. Das heißt, er arbeitet sichtbar mit dem Spachtel und strukturiert die Oberfläche mit dem Pinselstiel, was in einem Spiel aus filigranen Linienstrukturen und pastosen, mit dem Spachtel gesetzten Farbflächen resultierte.
Die Gemälde im Kontext der Zeichnungen und Grafiken gesehen, wird deutlich, dass die Linie Ehrhardts stärkstes Ausdrucksmittel ist. Obwohl sein Werk keines der Figuration ist, gelingen ihm mit der Linie wunderbare reduzierte Tierdarstellungen, oft handelt es sich um Paare, die sich aus Motiven herausschälen, die man erst nur als rein formale Gleichgewichtsstudien wahrgenommen hat. Es ist ein Balanceakt, denn leicht könnten etwa die „Zwei Tiere“ von 1932 gefällig wirken. Dass sie es nicht tun, liegt dann an der Souveränität der Komposition.
Der Bauhaus-Vorkurs als Gestaltungslehre
Alfred Ehrhardts Bauhaus-Aufenthalt war ein Erfolg. Zurück in Bad Gandersheim erhielt er schon im Jahr darauf eine Dozentenstelle an der Landeskunsthochschule Hamburg (der späteren Hochschule für Bildenden Künste am Lerchenfeld), um dort den ersten Vorkurs für Materialkunde außerhalb des Bauhauses zu leiten. 1932 systematisierte er seine Erfahrungen im Buch „Gestaltungslehre. Die Praxis eines zeitgemäßen Kunst- und Werkunterrichts“.
Man möchte hoffen, dass Ehrhardts Tätigkeit als Kunstpädagoge und Autor eines Lehrbuchs zum zeitgemäßen Kunstunterricht als integrale Facette seines Kunstschaffens gesehen und in einer weiteren biografischen Ausstellung gewürdigt wird. Man hofft dies umso mehr, als ja wenig darüber bekannt ist, ob – und wenn ja, wie –– die Ideen und die Lehre des Bauhauses zur Zeit seines Bestehens in die sonstige Kunsterziehung und Designpraxis in Schulen und Hochschulen, Kunstvereinen und Kunstverlagen Eingang fanden.
Diese Forschungslücke wird auch im Jubiläumsjahr des Bauhauses weiterbestehen, da es, betrachtet man die bundesweiten Programme, als Schule und pädagogischer Versuch ganz offensichtlich nicht weiter interessiert. Die Alfred Ehrhardt Stiftung hätte die Chance, sich hier mit einer notwendigen Korrektur zu profilieren.
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