Kunsthandwerker und Künstler: Die Angestellten der Kunstgießerei
Zwischen Handwerk und Kunst: Der Dokumentarfilm „Scultura – Hand. Werk. Kunst“ zeigt die Arbeitswelt hinter den Kunstwerken.
Ob bei Fresken, Druckgrafiken oder Skulpturen – die handwerkliche Seite von Kunst findet selten Aufmerksamkeit. Im Deutschen gibt es für diese Art Tätigkeit noch nicht einmal ein Wort.
Während das Wort „Kunsthandwerk“ vom Standpunkt der Kunst aus die Konventionalität hervorhebt, geht in der allgemeineren Bezeichnung „Handwerk“ die Unterscheidung zwischen der alltäglichen Arbeit von Klempnern, Maurern und Malern und der hochspezialisierten Arbeit mit Kunstwerken verloren.
Dabei sind erfahrene Kunstgießereien wie die Berliner Gießerei von Hermann Noack oder die Fonderia Artistica Battaglia in Mailand unverzichtbar für die Herstellung von Skulpturen. Der Arbeit in letzterem Betrieb an der Schnittstelle von Handwerk und Kunst widmet sich der Dokumentarfilm „Scultura – Hand. Werk. Kunst“ des italienischen Kunstwissenschaftlers Francesco Clerici.
Am Beispiel einer Arbeit des italienischen Künstlers Velasco Vitali folgt „Scultura“ der Entstehung einer Skulptur – von der Arbeit des Künstlers an der Wachsvorlage über die Arbeitsschritte in der Kunstgießerei bis zur Auslieferung der fertigen Skulptur.
Die Spuren der Arbeitswelt im Kunstwerk
Schon die ersten Bilder aus der Werkstatt zeugen von Clericis Faszination für diese Arbeitswelt, die deutlich die Spuren der Werke trägt, die aus ihr hervorgingen. Die Spannung zwischen den Werkstatträumen, ihren groben Werkzeugen und deutlichen Gebrauchsspuren, den Flecken übersäten Arbeitsgeräten und den entstehenden präzise gearbeiteten Bronzeskulpturen könnte kaum größer sein.
Gleicht die Werkstatt, in der Velasco Vitali an der Vorlage zu einer seiner überzeugenden Hundeskulpturen arbeitet, noch einem Atelier, so folgt der Film der Skulptur entlang der Arbeitsschritte in immer archaischer anmutende Räume. Die Erstellung der Gussform, das eigentliche Gießen, die Polierarbeiten an der fertigen Bronze – all das vollzieht sich heute noch in den gleichen Abläufen wie vor 2.500 Jahren.
Die einzige Schwäche von Clericis Film ist, dass ihm und seinem Film die Historisierung der Arbeitsabläufe in den einleitenden Texteinblendungen und den Begleittexten zu pompös gerät. Auch die über den Film hinweg eingestreuten Archivaufnahmen der Arbeit in der Gießerei in den 1960er Jahren wirken eher illustrativ als Erkenntnis fördernd.
„Scultura – Hand. Werk. Kunst“. Regie: Francesco Clerici. Italien 2015, 80 Min.
Jenseits dieser Irritationen ist es Francesco Clerici in „Scultura“ jedoch gelungen, das schweigsame Arbeiten der Angestellten der Kunstgießerei, die meist allein mit der Skulptur in großen Werkstatträumen stehen, und die ebenso routinierten wie präzisen Handbewegungen, die die jahrelange Praxis der Angestellten bezeugen, zu einem Porträt der unsichtbaren Arbeitswelt hinter den Kunstwerken zu verdichten. Nach „Scultura“ wird man Skulpturen mit anderen Augen sehen.
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