: Kunsthalle übt den Spagat
■ John Lennon und Max Liebermann: Alte Kunst und frische Ideen in Sicht
Am 1. April nächsten Jahres macht die Bremer Kunsthalle dicht: Die überfällige Sanierung des Bauwerks steht dann endlich an. Der geschäftsführende Vorstand des Kunstvereins hat sich jetzt auf den Termin festgelegt, der Architekt ist bestellt. Zwar sind die sieben Millionen Mark privater Spenden, die den Grundstock für die Sanierung bilden sollen, noch nicht beisammen – man sei, so die stereotype Formulierung, „auf gutem Wege“. Für Direktor Wulf Herzogenrath ist der Termin dennoch ein Ansporn und ein Mittel, „um uns selbst unter Druck zu setzen“, wie er gestern auf einer Pressekonferenz erklärte.
Unter Hochdruck werden zumindest die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses bis zum Stichtag wirbeln. Nicht weniger als 15 Ausstellungen, kleinere wie große, sind geplant; an ihnen will der Direktor zeigen, wo's nach der Erneuerung langgeht und „wofür wir diese Sanierung eigentlich machen“.
Der bevorstehende Wirbel ist umso erstaunlicher, als andere vergleichbare deutsche Museen in diesem Jahr eher auf halber Kraft fahren. Und die Kulturpolitiker predigen ihren Museumsleuten die alte Weisheit, daß Ausstellungen ja eigentlich der Sonderfall für ein Museum sein sollten und nicht die Regel. Gleichviel: Die Bremer wirbeln mächtig - wohl auch, damit die neue Leitung Profil zeigen kann.
So wird das Bremer Publikum die Fotos der durchgeknallten Kunstphilsophen Anna & Bernhard Blume sehen und die Ölzeichnungen des Christian Friedrich Gille, einem Maler des 19. Jahrhunderts; Papierarbeiten des Fluxuskünstlers Nam June Paik werden zeitgleich mit Max Liebermanns Stimmungsmalerei zu erleben sein. Die alten Schätze des Hauses zeigen und mit junger Kunst ein breites Publikum gewinnen: Dieser Anspruch soll nun offenbar und offensiv demonstriert werden.
Ob dieser Spagat gelingen kann, wird sich also schon in diesem Jahr zeigen. Der nächste Kassenknüller ist jedenfalls schon programmiert: Ab 21.5. zeigt die Kunsthalle erstmals Zeichnungen von John Lennon. Eine „Weltpremiere“, wie die Kunsthalle sagt, begleitet von einer Radio-Bremen-Reihe über die Popkultur der 60er Jahre. Nicht der Popstar Lennon, sondern der „Zeichner, Performer und Poet“ soll hier publikumswirksam entdeckt werden. 120 Blätter – Leihgaben von Yoko Ono – stehen im Zentrum der Schau. Daneben soll auch die legendäre „Bed-In“-Performance rekonstruiert werden, in der sich John & Yoko im Amsterdamer Hilton selbst inszenierten. In weiteren „Erlebniszonen“ der Schau soll die Kunst der ersten Pop-Plattencover ausgebreitet werden, und auch der liebenswürdige „Beat Club“ soll mal wieder ausgegraben werden, um die Popkunst schillernd zu begleiten. tw
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