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Archiv-Artikel

Kunst-Ritual im Ladenlokal

Unsere Stadt soll schöner werden: Zwölf Bremer KünstlerInnen beleben leer stehende Läden in der Vegesacker City mit Rauminstallationen

Vegesack verändert sich. Seit die Vulkanwerft ihre Tore geschlossen hat, ist das Stadtbild zunehmend von leer stehenden Ladenlokalen geprägt. Diesen Umstand haben sich 12 Bremer Künstler zunutze gemacht und sind kurzerhand in die Geschäfte der Vegesacker City eingezogen. Der Deal: freie Miete, die Nebenkosten trägt der Wirtschaftssenator und sobald das Geschäft vermietet ist, muss der Künstler mit seinen Installationen, Bildern oder seiner Werkstatt wieder ausziehen. Infozentrale, Verkaufsraum und Ausgangspunkt des Projekts „Handeln“ ist das eigens eingerichtete Kunstkaufhaus, Ecke Alte Hafenstraße.

Seit vergangenem Samstag sind nun alle Künstler unter die Haube (oder ins Geschäft) gebracht. „Die Künstler konnten sich schnell einigen, wer welchen Laden übernimmt“, so die Ideengeberin und Organisatorin, Ulla Deetz. Das Konzept macht das Angebot an die Künstler, sich auf den jeweiligen Raum einzulassen. Statt dessen sind aber in den meisten Geschäften Kunsträume entstanden, die an beliebiger Stelle stehen könnten. Eine Ausnahme: Norbert Schwontkowsky, der die Fensterscheiben bemalt hat und damit der Fassade des Hauses ein neues Gesicht gibt.

Doch auch wenn die Chance, etwas Ortsspezifisches zu schaffen, in den meisten Fällen verpasst wurde, sind einige sehenswerte Arbeiten entstanden. Etwa Christa Baumgärtels sehr poetische Sand- und Blüteninstallation, die nur von außen einsehbar ist aber durch parallel zur Strasse laufende Rechen-Spuren eine Brücke zum Inneren des Raumes schlägt. Und Bernhard Wimmer kann man beobachten, wie er aus Sand Zahnräder schafft und diese zu zahlreichen Nonsensmaschinen zusammenfügt.

Zu einer Art zweiten Heimat ist für Peter K. F. Krüger „sein“ Geschäft geworden. Täglich hält er sich in seiner aus Stämmen, Federn, Blättern und anderen Naturmaterialen entstandenen „Plattform“ auf, die einen an rituelle Handlungen und archaische Lebensweisen fremder Naturvölker erinnert.

Schwer hat es dagegen die Installation von Thomas Recker. In einem ehemaligen Restaurant mit schaurig-schönen orangenem Mobiliar, inszeniert er eine bühnenreife Verwüstungsszenerie. Dass Recker hier jedoch seine naturalistischen Figuren auflaufen lässt, ist überflüssig. Die Untergangsstimmung wäre auch ohne sie spürbar gewesen.

Wirklich tragisch gestaltet sich die Installation von Wilhelm Wiki. Der Künstler hatte das Pech das Ladenlokal mit einem Buchhändler teilen zu müssen. Wiki musste Kompromisse eingehen: Die Installation aus unzähligen roten Kissen und Klang ist zu einer reduzierten Form verkommen, die nun durch Spiegeltricks ihre Tiefe erzielen soll und zudem durch ein mannshohes weißes Gitter vor den Kunden des Buchhändlers geschützt werden muss. Der eigentlich sehr gelungenen Idee der Installation hätte es unter diesen Umständen besser getan, nicht ausgeführt zu werden. Susanne Hinrichs

bis zum 3. Mai. Öffnungszeiten des Kunstkaufhauses (Zur Vegesacker Fähre 12 / Ecke Alte Hafenstr.): Mi, Do, So 11-18 Uhr, Fr und Sa 11-20 Uhr. Führungen durch die Läden nach Anmeldung unter ☎ 0170/909 23 47.