Kulturförderung des Bundes: Die belebende Wirkung des Geldes
Der Kunst kann der Staat egal sein, dem Staat die Kunst aber nicht: Die Kulturstiftung des Bundes feierte ihr zehnjähriges Bestehen in Halle.
Inoffiziell begannen die Feierlichkeiten schon im ICE von Berlin nach Halle. Auf den Gängen und vor den Türen quetschten sich am Freitag morgen viele der 500 Gäste, mit denen die Kulturstiftung des Bundes, die in Halle ihren Sitz hat, zum zehnjährigen Jubiläum anreisten.
Die Sonne schien. Das war wichtig, als all diese Kuratoren und Intendanten, Politiker und Künstler, Öffentlichkeitsarbeiter und Journalisten in einem langen Zug vom Bahnhof zum Opernhaus aufbrachen, ausgesprochen gutgelaunt hier und da Mitstreiter begrüßend. Echte Feierlust.
Der tat keinen Abbruch, dass die prominenteste Rednerin des Festaktes, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, kurzfristig abgesagt hatte. Sie musste zu einem Termin nach Rom, die Staatsoberhäupter von Frankreich, Italien und Spanien treffen. Der war, wie einer weiteren Pressemitteilung zu entnehmen war, vorverlegt worden, damit die Kanzlerin es später noch zum Fußballspiel Griechenland gegen Deutschland schafft.
Und so verpasste sie einen Termin, bei dem es mal nicht um das Sparen ging, sondern das Loblied von der belebenden Wirkung des ausgegebenen Geldes gesungen wurde. Mit den Worten von Bertolt Brecht – „Die Gesinnung wächst. Fester wird das Herz. Der Blick wird breiter“ – und von Hortensia Völckers, seit der Gründung die künstlerische Leiterin der Stiftung. Und mit den Worten von Norbert Lammert, Bundestagspräsident und langjähriges Mitglied des Stiftungsrates.
Pathosfreies Bekenntnis
Er machte die Rechnung auf, dass mit den 9,5 Milliarden Euro, die Bund, Länder und Kommunen in Deutschland jährlich für Kultur aufbringen, 30 Milliarden Euro an Wertschöpfung generiert werden. Der Stiftung selbst stehen 35 Millionen im Jahr zur Verfügung, rund 2000 Projekte hat sie damit angeschoben.
Lammert war mit seiner Rede für Merkel eingesprungen und legte ein kluges, nüchternes und völlig pathosfreies Bekenntnis zur Kulturförderung vor. „Der Kunst kann der Staat egal sein. Dem Staat die Kunst und Kultur aber nicht“, brachte er das Verhältnis von Förderern und Geförderten auf den Punkt. Und erteilte auch dem Glauben, der Markt werde es schon richten, eine Absage.
Das jüngste Magazin der KSB gilt den Dichtern, und einen Dichter, Durs Grünbein, hatte sie sich ebenfalls als Festredner geladen. Er wolle nicht darüber reden, wie es in Zeiten der Geldvernichtung um die Kultur bestellt sein, schickte er voraus und setzte dann doch zur Verdamnis einer Finanzindustrie an, die verantwortlich sei für die Ohnmacht der Politik und den Verfall der Kultur. Seine Gedichte dagegen, wie das „Picknick der Anarchisten“, entwarfen die Utopie eines Widerstandes, einer Freisetzung vom Diktat des Geldes.
Zwischen dem „Blick für die Einzelheiten“, den Grünbein als das eigentliche Terrain der Lyrik ansah, und dem Verbessern von Bedingungen für das Entstehen der Kunst, liegt das Gebiet, dass die KSB bearbeitet. Sie ist Förderer von Institutionen wie der Documenta oder des Theatertreffens, hat an eigenem Profil aber vor allem durch die Auflage inhaltlicher Programm gewonnen.
Die galten den Schrumpfenden Städten, der Geschichte der Migration, der Verknüpfung von Stadttheater mit den Randbezirken ihrer Stadt und der kulturellen Bildung. Zu Zeiten einer rot-grünen Bundesregierung gegründet, ist sie unter allen bisherigen Regierungen ihrem Vorsatz treu geblieben, dezidiert die zeitgenössische Kunst zu fördern. Und das macht die Leiterin Hortensia Völckers noch immer froh.
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