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KulturbeutelAndreas Rüttenauer Dünen, die wie ein Schal aussehen – das Logo der Fußball-WM 2022 in Katar

Es war die gute Fußballnachricht des Tages. Das Logo der Weltmeisterschaft im Männerfußball 2022 ist vorgestellt worden. Gastgeberland Katar hat die Fans in aller Welt, die seit Monaten auf diesen Tag gewartet haben, nicht enttäuscht. Das sind doch stilisierte Handschellen, wird denken, wer auch nur eine dieser düsteren Geschichten über den Sklavenhalterstaat am Golfgehört hat. Die tödlichste WM aller Zeiten, die etliche Bauarbeiter nur aus dem Jenseits werden verfolgen können, weil sie ihr Leben an den WM-Baustellen gelassen haben, wäre mit einem Galgen vielleicht noch besser beschrieben gewesen. Doch wir wollen mal nicht allzu kleinlich sein. Die zu einer Acht geschwungene Fessel passt schon ganz gut zu Katar.

Das findet die Fifa selbst natürlich auch. Sie sieht noch ganz andere Dinge in dem Ding. „Die geschwungenen Kurven des Emblems erinnern an Wüstendünen“, heißt es in einer Mitteilung des Weltverbands. Gut, Dünen hätten wir uns vielleicht ein wenig anders vorgestellt. Aber was wissen wir schon. Die Fifa sieht aber noch weitere Sachen in dem Logo. „Inspiriert ist die Form ferner von einem traditionellen Wollschal, wie er in den Wintermonaten weltweit und insbesondere im arabischen Raum und in der Golfregion von verschiedensten Menschen und auf verschiedenste Arten getragen wird.“ Genau, ein Schal! Dass wir da nicht von alleine drauf gekommen sind! Einer, der vor allem in den Wintermonaten getragen wird.

Klar, die Fifa weiß diese Anspielung besonders zu schätzen: „Der regional angehauchte Schal erinnert auch daran, dass die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft™ erstmals im November/Dezember und damit im Winter ausgetragen wird.“ Vielen Dank, das hätten wir sonst glatt vergessen. Wir hätten es beinahe schon verdrängt, dass das WM-Finale 2022 am 4. Advent stattfinden wird. Wir wollen das an dieser Stelle gar nicht kritisieren. Wen soll eine Winter-WM schon stören in einem Land, in dem Weihnachtsgebäck ab Ende August in beinahe jedem Supermarkt angeboten und auch gekauft wird.

Gelauncht wurde das Logo in Katar, indem man es am Dienstag um 20.22 Uhr Ortszeit an ein paar prominente Gebäude projiziert hat. Wahrscheinlich hat man das im Emirat für originell gehalten. Im Vergleich zur Präsentation des Logos für die WM 2018 in Russland war es ein eher armseliges Spektakel. Das wurde von den drei auf der internationalen Raumstation ISS stationierten Kosmonautinnen Jelena Serowa, Maxim Serojew und Alexander Samokutjajew präsentiert.

Die WM in Russland war eben ein galaktisches Ereignis. Auch im Logo konnte man das sehen. Ein paar Sterne funkelten da vom stilisierten Weltpokal. Die Werbelyrik jener Zeit war auch nicht von schlechten Eltern, auch wenn sie beinahe schon ein wenig sowjetisch klang. Die Fifa schrieb im Jahr 2014 über das Emblem: „Inspirationsquelle für die kreative Umsetzung dieses bemerkenswerten historischen Moments waren sowohl der enorme künstlerische Schatz Russlands als auch seine mutigen Pioniertaten und Innovationen, man denke nur an Russlands Pionierrolle in der Raumfahrt.“ Die KPdSU hätte es nicht besser formulieren können. Es waren eben andere Zeiten damals. Als das Logo im Weltraum vorgestellt worden ist, war übrigens Joseph S. Blatter noch Fifa-Präsident.

Den haben wir ja nun hinter uns gelassen, genauso wie das Weltturnier 2018. Längst haben wir einen neuen WM-Zyklus erreicht. Die ersten Qualifikationsspiele sind schon durch. Die Mongolei hat Brunei rausgeschmissen. Mal sehen, wie sich die Mongolen heute gegen Myanmar schlagen.

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