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Kündigung im Öffentlichen DienstGerichtssache NPDler-Rauswurf

Das Bundesarbeitsgericht entscheidet über die Klage eines rechtsgerichteten Angestellten. Baden-Württemberg sieht durch ihn das "Ansehen der Finanzverwaltung" bedroht.

Dürfen Rechte in der öffentlichen Verwaltung arbeiten? NPD-Demo in Bremen. Bild: reuters

FREIBURG taz | Reicht eine aktive NPD-Mitgliedschaft, um einem Angestellten im öffentlichen Dienst zu kündigen? Das entscheidet am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Konkret geht es um den NPD-Aktivisten L., der seit 2003 bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe in der Druckerei arbeitet. 2007 machte der Verfassungsschutz den Arbeitgeber darauf aufmerksam, dass L. aktives NPD-Mitglied sei. Er leite Veranstaltungen und verschicke im Namen der örtlichen NPD Rundbriefe, so der Geheimdienst.

Das Land kündigte L. daraufhin fristlos und sicherheitshalber auch noch fristgemäß. Die NPD sei eine verfassungsfeindliche Partei, hieß es zur Begründung, die Beschäftigung L.s beschädige das "Ansehen der Finanzverwaltung". L. klagte gegen die Kündigung. Er habe seine Arbeit "unpolitisch und korrekt" erledigt. Dafür habe er stets positive Beurteilungen erhalten. Er stehe voll zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und lehne Neonazismus strikt ab.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) erklärte im Juni 2009 die Kündigungen für unwirksam. Bei einem Angestellten könne nicht die gleiche Verfassungstreue wie bei einem Beamten verlangt werden. Dies würde sonst die Grundrechte der Beschäftigen unnötig einschränken. Es komme deshalb nur auf die Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes an, so das LAG und stützte sich dabei auf alte BAG-Urteile aus den 80er Jahren. Damals ging es um die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), doch kommt dies nun auch der NPD zugute. Bei einem Mitarbeiter der Druckerei reiche die aktive Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei für eine Kündigung noch nicht aus.

Gegen dieses Urteil reichte das Land Baden-Württemberg Revision ein, über die das Bundesarbeitsgericht jetzt entscheiden wird. Derzeit ist L. von der Arbeit freigestellt und erneut gekündigt, weil er weiter für NPD aktiv war.

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6 Kommentare

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  • G
    Gast

    Ich finde das richtig schlimm, dass so etwas in der Demokratie möglich ist. Immer mehr angesehene Politiker sind in Hilfsorganisationen, die als Tarnorganisationen für kriminelle Machenschaften dienen, die so abartig sind, dass ein durchschnittlicher Bürger sich solche Grausamkeiten gar nicht vorstellen kann. Immer mehr Menschen sind sich dessen bewusst und achten gezielt darauf mit Beweislasten. Das deckt der Geheimdienst komischerweise nie auf. Aber diese Überführung kommt, worauf sich alle verlassen können, denn die Sektenstrukturen der angesehenen Politiker sind schon lange offenbar und überführt. Es sind einfach mittlerweile zuviele geschändete Opfer zu beklagen.

  • I
    Ich

    Solange die NPD eine legale Partei ist, ist es nach meinem Rechtsempfinden völlig daneben den Mann zu entlassen. Wo kämen wir denn dahin wenn eine Parteimitgliedschaft in einer zugelassenen Partei Kündigungsgrund ist?

     

    Deswegen: NPD Verbot jetzt!

  • V
    vic

    "Er stehe voll zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und lehne Neonazismus strikt ab."

     

    Ich glaube, das wird zu Erlärungsbedarf bei den Kameraden führen.

  • H
    hann0s

    Das Problem ist doch, dass die NPD nich verboten ist. Denn dann wäre das Prozedere klar und dieser Mensch auch schon längst aus dem Dienst raus. Aber solange das nicht geschieht ist er Mitglied einer regulären Partei und darf darum auch nicht gefeuert werden. Aber solange unsere "wehrhafte demokratie" lieber kommunistische Parteien verbietet und unsere Parteien Linksparteisympathisanten rauswerfen, offene Rassisten wie Sarrazin aber in der Partei lassen, wird die rechte Flanke weiter offen sein. Aber immerhin gibts so keinen Mindestlohn, das is doch was

  • I
    Ingo

    Erinnert mich daran wie damals Postboten wegen DKP

    Zugehörigkeit entlassen wurden. Toll.

     

    Eine Demokratie muss sowas aushalten.

     

    Eine Demokratie müsste selbst eine NSDAP aushalten,

    wenn sie ihr Parteiprogramm ändern würden, dass es nicht mehr verfassungswidrig wäre.

  • S
    Stefan

    Grundsätzlich sollte man überlegen, ob Leute, die siesen Staat bekämpfen möchten, ihren Lebensunterhalt beim Arbeitgeber Staat bekommen sollten.

    Das gilt für alle Radikalen: rechts und links oder Islamisten.