: Kündigt Penkert 'Tagesspiegel‘-Abo?
■ Landesdrogenbeauftragter geißelt Drogenberichterstattung des 'Tagesspiegels‘ und verunglimpft verantwortlichen Redakteur/ Bündnis 90/Grüne fordern Penkerts Rücktritt/ 'Tagesspiegel‘ schweigt
Berlin. Der Landesdrogenbeauftragte Wolfgang Penkert kann offensichtlich nicht ertragen, daß die repressive Drogenpolitik des Senats nun auch von Medien wie dem 'Tagespiegel‘ kritisch durchleuchtet wird. So flatterte dem Chefreakteur des Blattes, Hermann Rudolph, kürzlich ein Telefax des Landesdrogenbeauftragten in Haus, in dem sich dieser über die Drogenberichterstattung der Zeitung empörte und den zuständigen Redakteur Bernhard Koch bezichtigte, unfähig und einseitig zu sein. »Wenn der 'Tagesspiegel‘ beschlossen hat, gegen die Drogenpolitik des Berliner Senats zu Felde zu ziehen«, so Penkert wörtlich, »werde ich ihn nicht daran hindern. Aber bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich Herrn Koch dafür keine zusätzliche Zeit zur Verfügung stellen werde.«
Auslöser für das Schreiben war Kochs Berichterstattung über eine Drogenpressekonferenz von Innensenator Heckelmann, dem Chef des Rauschgiftdezernats, Samulowski, und dem Drogenbeauftragten Penkert am vergangenen Mittwoch zum Schwerpunkt Cannabis (die taz berichtete). Koch hatte in seinem Bericht zunächst Heckelmanns Auffassung wiedergegeben, daß »schon einmaliger Konsum von Haschisch« schwere psychische und physische Folgen haben könne, und zitierte dann einen Internisten des Urbankrankenhauses. Dieser verwies auf internationale Studien, nach denen die gesundheitlichen Folgen von Haschisch im Vergleich zu anderen Rauschmitteln zu vernachlässigen seien. Daß Koch sich nicht auf Heckelmanns Darstellung beschränkte, bezeichnete Penkert in seinem Brief als unzulässige Vermischung von Berichterstattung und Kommentar.
Auch Kochs Kommentar zum Thema Sucht in derselben Ausgabe brachte den Drogenbeauftragten auf die Palme. Koch hatte darauf hingewiesen, daß über den Cannabis-Beschluß des Lübecker Richters Neskovic viel geredet werde, aber kaum jemand den Beschluß im Wortlaut gelesen habe — auch Penkert nicht. Damit, so Peckert jetzt, habe Koch »die Unwahrheit« verbreitet. Auf Anfrage von Koch hatte Penkert tatsächlich bestätigt, den Beschluß nicht im Wortlaut zu kennen, sich diesen dann aber kurz vor der Pressekonferenz noch schnell zu Gemüte geführt.
Der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Grüne, Köppl, bezeichnete Penkerts Schreiben als unverhohlenen Versuch, »kritischen Journalismus zugunsten einer Hofberichterstattung auf Linie zu trimmen«. Der Rücktritt des Drogenbeauftragten, der mit seiner repressiven Drogenpolitik jegliche Ansätze einer akzeptierenden Drogenarbeit verhindere, so Köppl, »ist überfällig«.
Der Chefredakteur des 'Tagesspiegel‘, Rudolph, wollte sich gestern zu dem Schreiben nicht äußern. Es handele sich hier um eine interne Angelegenheit. Eine Veröffentlichung des Briefes durch andere Medien sei »Piratentum«. plu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen