: Kühnen tritt aus
■ Streit um Homosexualität bei Neonazis führt zum Sturz des ideologischen „Führers“ Michael Kühnen
Michael Kühnen, Gründer verschiedener neonazistischer Zirkel und „Führer“ der Nazi–Bewegung in der Bundesrepublik, hat seiner Gesinnungsmeinschaft „Nationale Front“ den Rücken gekehrt. Dieser Schritt ist eine Konsequenz der seit Monaten anhaltenden Auseinandersetzungen um Homosexualität, in deren Verlauf es in der Neonazi–Szene auch zu handfesten Auseinandersetzungen gekommen ist. Durch einen Beschluß des „NRW–Gautreffens“ vom 19.7., der Schwule zu „Verrätern am Volk“ erklärt und ihnen den Kampf ansagt, führt sich der Homosexuelle Kühnen verdrängt. Kühnen spricht von einem „putschartigen Vorgehen“. Aus der Haftanstalt Bruchsal heraus veranlaßte Kühnen jetzt den Druck einer schon vor einiger Zeit von ihm geschriebenen Broschüre „Nationalsozialismus und Homosexualität“, in der die Vereinbarkeit von der „Weltanschauung des biologischen Denkens“ mit Homosexualität begründet werden soll. Als „Steinzeit–Nationalsozialismus“ bezeichnet Kühnen die Diskriminierung der Homosexualität als unnatürlich. Tolerierung von Homosexualität ist für ihn eine Voraussetzung von Kultur überhaupt. Nur die „Duldung der Homosexualität“ hätte die Entstehung von Männerbünden ermöglicht. Die Gesinnungsgemeinschaft „Nationale Front“, so Kühnen, sinke durch ihre Kampagne gegen Homosexualität zu einer „verschrobenen Moralsekte“ herab. Gleichzeitig fordert Kühnen in seiner“Austrittserklärung“ verbleibende Anhänger auf, in der „Bewegung“ zu bleiben und sich für die Rücknahme des Beschlusses vom 19.7. einzusetzen. Solange wolle er sich „aus dem aktiven politischen Kampf zurückzuziehen“. Kühnen hatte intern schon Anfang August seinen Ausritt erklärt, nachdem im Juli der in Frankreich lebende Schriftführer der Zeitung der Neonazi–Bewegung „Neue Zeit“, Michael Caignet,seiner Ämter enthoben worden war. Auch Caignet ist schwul.
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