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Kruppianer stürmen Buffet

■ Krupp–Arbeiter–Demo vor Aufsichtsratssitzung / Unterlagen und Zigarren geklaut

Aus Bochum Walter Jakobs

Mehrere tausend Krupp–Arbeiter aus Rheinhausen, Bochum und Osnabrück haben am Montag aus Prostest gegen geplante Massenentlassungen für Stunden das Krupp–Verwaltungsgebäude in Bochum in Beschlag genommen. Stunden vor der eigentlichen Aufsichtsratssitzung drangen die Stahlkocher in die verschlossenen Räume ein, bemächtigten sich des Buffets, der auf dem Tisch liegenden Unterlagen und rauchten anschließend edle, dicke Zigarren. Dann wurde Aufsichtsrat gespielt. Der erste Akt des neuen Gremiums, daß auf ihrem Weg zum Sitzungssaal eine Glastür zerdepperte, bestand darin, den Vorstandsvorsitzenden der Krupp–Stahl AG, Dr. Cromme, fristlos zu entlassen. Erst Stunden später zog der „echte“ Aufsichtsrat ein. Die IG–Metall hatte die Demonstranten aufgefordert, die Sitzung nicht zu sprengen. Die Sitzung sei im Interesse der Stahlarbeiter notwendig, weil der Aufsichtsrat den Vorstand der Krupp– Stahl AG verpflichten wolle, dem Auffangkonzept für die Maxhütte beizutreten, so die IGM. Die türkischen Kollegen verfaßten eine Resolution, mit der sie den Vertreter des Iran im Krupp–Aufsichtsrat aus „islamischer Solidarität“ auffordern, die Pläne des Krupp–Vorstandes abzulehnen. In diesem Falle hätte der Vorstand im Aufsichtsrat keine Mehrheit mehr. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Mit „Lügner“ und „Heuchler“– Rufen quittierten die Demonstraten vor dem Gebäude die Rede des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Scheider, der zugleich Vorsitzender der Krupp–GmbH ist. Der oberste Krupp–Boß kam gegen die Menge kaum durch, als „er von gemeinsamen Sorgen“ sprach und dafür warb, „mit aufgekrempelten Armen daran zu gehen“ die Zukunft von Krupp–Stahl zu sichern. Theo Stegmann, stellvertretener Betriebsratsvorsitzender von Krupp–Rheinhausen, kündigte in den nächsten Tagen verschärften Widerstand gegen die Vorstandspläne an. Für Donnerstag hat der IG–Metall Aktionsaussschuß, dem Vetreter aller Stahlstandorte angehören, Unterstützungsaktionen im gesamten Bundesgebiet angekündigt. Stürmischen Beifall erntete Stegmann, als er sagte, „wir sind nicht länger bereit, die ersatzlose Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen hinzunehmen. Wer Wind sät, wird Sturm ernten“. Die Position der Arbeitnehmer im montanmitbestimmten Aufsichtsrat erläuterte Karin Benz Overhage so: „Es geht darum, das vereinbarte Optimierungskonzept überhaupt erst mal auszuprobieren.

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