: Kröning legt Scherf Knebelketten an
■ Finanzsenator übernimmt die Lehrerbedarfsplanung und weist Scherfs Vorschläge zurück
Die Sache eilt: Gestern, am Sonntag um 15.00 Uhr lud Finanzsenator Volker Kröning kurzfristig zur Pressekonferenz, um zu verkünden, was er von Henning Scherfs Lehrerbedarfsplanung hält: Absolut nichts. Scherf hatte in einer Senatsvorlage über die am Dienstag gestritten wird, angekündigt, daß er die ihm auferlegte Sparquote nicht einhalten will und trotz Einstellungsstopps für das kommende Schuljahr 60 neue LehrerInnen einstellen will.
„Auf diese politische Daumenpeilung lasse ich mich nicht mehr ein,“ wies Kröning gestern Scherfs Personalplanung zurück. Mit ihm als Finanzsenator werde es Neueinstellungen nur bei „unvorhersehbarem und unabweisbarem Bedarf“ geben. Kröning: „Der Senatsbeschluß sieht die Konsolidierung des Haushaltes nicht für die überübernächste Legislaturperiode vor, sondern ab sofort.“ Scherf hatte in seiner Senatsvorlage die neuen Stellenforderungen mit dem Versprechen gepaart, bis zum Jahr 2.000 dann 500 Lehrerstellen einzusparen.
Kröning steht mit seiner Kritik an Scherfs Ausbruch aus den im Januar einstimmig verabschiedeten Eckwerten nicht alleine. Eine Senatsvorlage, die Scherfs Anssinnen konterkariert, wird auch von Bürgermeister Wedemeiers Senatskanzlei mitunterzeichnet. Aus dem Text geht eindeutig hervor, daß Finanzressort und Rathaus nicht gewillt sind, dem Bildungsressort entgegenzukommen. 230 Lehrer werden in 92/93 eingespart, Neueinstellungen werden abgelehnt und neuentstehende Bedarfe sollen durch organisatorische Maßnahmen von der Bildungsbehörde aufgefangen werden. Außerdem wird nicht das Bildungsressort sondern die Senatskommssion für das Personalwesen aufgefordert, zu prüfen, wie man LehrerInnen künftig leichter versetzen kann. Für ein „Stück aus dem Tollhaus“ hält es Kröning beispielsweise, daß LehrerInnen, die sich von der SEK II in die SEK I versetzen lassen, vier Stunden Unterrichtsbefreiung erhalten.
Scherfs Sparangebot bis zum Jahr 2.000 wird von Kröning dagegen dankbar aufgegriffen und erweitert. Denn nach Zahlen der Senatskanzlei könnten bis zum Jahr 2.000 nicht nur 500 sondern theoretisch sogar 1.119,2 Stellen eingespart werden.
Kröning verwies gestern noch einmal darauf, daß Meßlatte bremischer Bildungspolitik künftig die Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern sein solle. Und da liegt Bremen, so sieht es auch Scherf, ganz an der Spitze. Außerdem wird in der Kröning-Vorlage auch darauf verwiesen, daß der Senat dem Bildungsressort zwischen 1988 und 1991 rund 450 neue Stellen bewilligt hat.
Kröning forderte gestern eine offene bildungspolitische Debatte bei der die Strukturen des bremischen Schulsystems auf den Prüfstand gestellt werden müßten. Krönings gestriger inhaltlicher Beitrag: Erstens müsse die Mobilität der Lehrer erhöht werden, zweitens die Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe reduziert, drittens müßte über die Schließung von eingleisigen Oberstufen nachgedacht werden. Das Vertrauen in die momentane Bildungsplanung ist dabei offensichtlich nicht allzu groß. Kröning: „Mehr Schulmanagement ist in jeder Hinsicht nötig“.
Holger Bruns-Kösters
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