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Kroaten behindern Hilfstransporte

■ Bei Kämpfen um Mostar wurden 33 Menschen getötet / Scharfe Kritik der US-Regierung an Unprofor-Generälen

Genf (taz) – Um Bewegung in die festgefahrenen Bosniengespräche zu bringen, sollen die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milošević und Tudjman, heute erneut am Verhandlungstisch in Genf Platz nehmen. Der Bosnien-Beauftragte der US-Regierung versicherte dem bosnischen Präsidenten Izetbegović, die beiden würden eingeflogen, um Serbenführer Karadžić und Kroatenchef Boban zu Konzessionen bei den Grenzen der drei vorgesehenen Teilrepubliken zu bewegen.

Die Verhandlungen wurde am Mittwoch von Kämpfen zwischen der bosnischen Armee und kroatischen Truppen um Mostar zusätzlich belastet. In der herzegowinischen Gebietshauptstadt, in der die Kroaten seit dem 15.Juni jede Versorgung der 35.000 Muslime durch Hilfskonvois verhindern, wurden dabei 33 Menschen getötet. Mörsergeschosse schlugen auch in Dobrinja, einem Stadtteil Sarajevos ein, dabei wurden 14 Menschen verletzt. Laut UN-Berichten versuchen die bosnischen Truppen die von Serben geräumten Stellungen am Berg Igman einzunehmen.

Die am Montag abend in Genf eingesetzte Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Details für die „im Prinzip“ vereinbarte Unterstellung von neun der zehn Bezirke Sarajevos unter „UNO-Verwaltung“ trat wegen grundsätzlicher Konflikte gestern überhaupt nicht zusammen.

Der serbische Vertreter hatte verlangt, einige der Außenbezirke der bosnischen Hauptstadt im Nordwesten um umliegende serbische Dörfer zu erweitern. Auf diese Weise soll – mit Blick auf die von Karadžić weiterhin als Ziel verfolgte Teilung der Stadt – die Demographie einiger Bezirke zugunsten der Serben verändert werden.

Mit einer Beschwerde bei UN- Generalsekretär Butros Ghali reagierte die US-Regierung auf die Kritik führender Unprofor-Militärs an ihrer Bosnien-Politik. Diese hatten nicht nur den „Sinn“ der Luftangriffe der Nato auf serbische Stellungen bei Sarajevo, sondern auch die Absicht diese tatsächlich durchzuführen angezweifelt. „Was will Präsident Clinton eigentlich? Mit Luftangriffen sind die Serben nicht zu besiegen.“ Mit diesen Äußerungen wurde der britische Stabschef der Unprofor, General Hayes am Dienstag in der New York Times zitiert. Und der belgische Oberkommandierende der Unprofor, General Briquemont, hatte auf die Frage nach der Glaubwürdigheit der Drohungen jede Verantwortung zurückgewiesen: „Es war eine Warnung der NATO, also ist die Glaubwürdigkeit auch ein Problem der NATO und nicht der UNO.“ Ganz anders sah dies jedoch Washington: Die „falschen und unangemessenen Äußerungen“ der Offiziere „gefährdeten die enge Zusammenarbeit zwischen NATO und UNO, die Voraussetzung ist für einen Erfolg von Luftangriffen“. Spekuliert wird, daß hinter den Äußerungen der beiden Militärs die britische und die belgische Regierung stehen. Andreas Zumach

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