Kritik an Masttier-Haltung: Quälerei im Kaninchenstall
Mastkaninchen werden in Deutschland unter ähnlich grausamen Bedingungen gehalten wie früher Legehennen. Erste Supermärkte nehmen ihr Fleisch aus den Regalen.
Bessere Haltungsbedingungen für Kaninchen will Ilse Aigner (CSU) durchsetzen. Die Agrarministerin will dazu erstmals detaillierte Vorgaben für die Haltung von Mastkaninchen formulieren. Vor Ostern hatte die Kampagne "Kaninchenmast, nein danke" 45.000 Unterschriften an Aigner geschickt, die sich für ein Ende der Tierquälerei in den rund 100 industriellen Mastanlagen in Deutschland einsetzen. 25 Millionen Kaninchen würden in Deutschland pro Jahr verspeist, sagt Ingo Schulz, Sprecher des Bündnisses, zu Ostern ziehe der Verkauf an.
Das Politmagazin "Report Mainz" hatte im ZDF vor kurzem Bilder aus Mastanlagen gezeigt. In überfüllten und maroden Käfigen sah man dahinvegetierende und verletzte Kaninchen; offene Wunden an den Pfoten, abgefressene Ohren. Dazwischen immer wieder tote Tiere, vor den Ställen Plastiktonnen voller verstümmelter Kaninchenkadaver.
Schon lange ist bekannt, dass überfüllte Käfige bei Tieren zu Stress und im Extremfall zu Kannibalismus führen. Auch dass viele Betriebe Kaninchen auf engstem Raum halten, ist unter Tierschützern kein Geheimnis. Doch anders als etwa bei der Hühnerhaltung gibt es für Kaninchen keine detaillierten rechtlichen Vorschriften.
Mittlerweile hat Aigner auf die aufgedeckten Missstände reagiert. Man prüfe, wie der Tierschutz in der Kaninchenhaltung verbessert werden könne, teilte ihr Ministerium vergangene Woche mit. Noch vor der nächsten Bundestagswahl wolle man eine Ergänzung der geltenden Nutztierhaltungsverordnung vorschlagen. Damit sollen die Zahl der Tiere begrenzt sowie ein Mindest-Platzbedarf und Spielgeräte für die Kaninchenhaltung vorgeschrieben werden.
Tierschützern geht das jedoch noch nicht weit genug. "Die Käfige in diesen Betrieben müssen verschwinden", fordert Marcus Müller vom Verein "Vier Pfoten". Schon vor rund drei Jahren veröffentlichte der Verein einen fundierten Maßnahmenkatalog, der in Zusammenarbeit mit Tierärzten entwickelt wurde. Wichtigste Forderung für Betriebe mit Mastkaninchen: eine Bodenhaltung mit Auslauf, wie sie etwa für Hühner bereits geregelt ist.
Während Landwirtschaftsministerin Aigner noch überlegt, haben erste Unternehmen bereits reagiert. Die beiden Handelsketten Rewe und Tegut haben kurz nach dem ARD-Bericht angekündigt, sämtliches Kaninchenfleisch aus dem Sortiment zu nehmen. Allerdings will Rewe zunächst noch seine Lagerbestände verkaufen. Tegut hat nach eigenen Angaben auch bereits eingekauftes Fleisch zurückgeschickt. Die Edeka-Gruppe prüft momentan, ob sie den Verkauf von Kaninchenfleisch in ihren Märkten stoppt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++
Menschen in Ramallah feiern Hamas nach Gefangenenaustausch
Grünes Desaster
Der Fall Gelbhaar und die Partei
#MeToo nach Gelbhaar-Affäre
Glaubt den Frauen – immer noch
Merz’ Anbiederung an die AfD
Das war’s mit der Brandmauer
Rechtsdrift der Union
Merz auf dem Sprung über die Brandmauer
Donald Trump haut weitere Erlasse raus
Landesweiter Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen erschwert