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Archiv-Artikel

Kritik an Billig-Gewerkschaften

Auch das Arbeitsgericht Berlin bezweifelt die Tariffähigkeit Christlicher Gewerkschaften

BERLIN taz ■ Für die Arbeiter des Kabelherstellers Nexan kam der neue Haustarifvertrag wie aus heiterem Himmel: Am bestehenden Tarifvertrag vorbei hatte die Geschäftsführung einen neuen Vertrag mit der Christlichen Gewerkschaft Metall abgeschlossen, gegen den sogar Kirchenvertreter protestierten: Dass Löhne und Gehälter massiv gekürzt, Zulagen gestrichen und die Arbeitszeiten ausgedehnt werden sollten, kam auch ihnen nicht sehr christlich vor. Nach einem Streik wurde der Vorstoß abgewehrt.

Tatsächlich sind die christlichen Gewerkschaften bereits des Öfteren durch außerordentlich arbeitgeberfreundliche Tarifverträge aufgefallen. In der Zeitarbeitsbranche mehren sich gerichtliche Klagen von Arbeitnehmern, die sich durch die von den Arbeitgebern übernommenen Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) um den Lohn gebracht sehen, der ihnen von Gesetzes wegen zusteht.

Das Arbeitsgericht Berlin hat gestern sogar grundsätzliche Zweifel an der Tariffähigkeit der christlichen Gewerkschaften durchblicken lassen, obwohl es eine Klage gegen die CGZP aus formellen Gründen abgewiesen hatte. Es sei zweifelhaft, ob die Tarifgemeinschaft über genügend Mitglieder und ein ausreichendes Maß an Organisiertheit verfüge, um auf Arbeitgeber einen gewissen Druck auszuüben“, sagte ein Gerichtssprecher.

Bisher haben die Arbeitgeber in solchen Fällen meist den Vergleich gesucht und mehr Lohn gezahlt. „Die Arbeitgeber meiden eine grundsätzliche Prüfung der Tariffähigkeit der Gewerkschaft“, sagt Arbeitsrechtler Peter Schüren von der Uni Münster. Für ihn ist klar, warum: „Die christlichen Gewerkschaften missbrauchen das Instrument der Flächentarife und schlimmer noch der Haustarifverträge, um Billiglöhne zu fabrizieren.“

Der DGB sieht sich durch die Feststellung des Gerichts in seinem „Kampf gegen die unrechtmäßigen Dumpingtarifverträge der CGZP“ bestätigt. Die Politik solle nun die Aufnahme der Branche in das Arbeitnehmerentsendegesetz beschließen, damit ein allgemeingültiger Mindeststandard auf Basis eines repräsentativen Tarifvertrages festgelegt werde, forderte der Gewerkschaftsbund. LARS GAEDE