piwik no script img

Archiv-Artikel

Kritik an Betonbauten rund um den Hauptbahnhof

STADTPLANUNG Zu wenig Grün, zu wenig Freiflächen, langweilige Bauten, kritisieren die Abgeordneten

„An Fantasielosigkeit ist das kaum zu überbieten“

SYLVIA VON STIEGLITZ, FDP

Es ist ein Kreuz mit dem Hauptbahnhof. Nördlich protestieren Anwohner gegen den Bau von Hotels und Hostels, südlich gibt es nicht einmal Anwohner, die protestieren könnten. Daher übernahmen es am Montag die Abgeordneten im Ausschuss für Stadtentwicklung, bereits realisierte und noch geplante Bauten zu kritisieren, und zwar in ungewöhnlicher Weise nahezu einhellig und fraktionsübergreifend.

Anlass waren zwei Anträge der Grünen und der CDU, die über die Planungen und Baumaßnahmen informiert werden wollten. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher erläuterte den Stand der Dinge: Der Washingtonplatz soll gepflastert und mit einigen Bäumen und Fahrradständern versehen werden, außerdem sind verschiedene Bauten rund um den Bahnhof geplant, ein Teil davon bereits realisiert oder im Bau.

So auch ein Hostel, das auf der Fläche „MK 3“ steht, direkt am Bahnhof. Selbst Lüscher merkte an, dass die Ästhetik dieses Gebäudes „wenig erfreulich“ sei. Das Gebäude gelte aber laut Bauordnung nicht als verunstaltet, daher habe der Senat keine Möglichkeit einzugreifen.

Es sei „gestalterisch schauderlich, was da nördlich und südlich des Hauptbahnhofs gebaut wird“, wurde die Grüne Franziska Eichstädt-Bohlig deutlicher. Stefanie Bung von der CDU sprach von einem „katastrophalen Erscheinungsbild“, Torsten Hilse von der SPD von einer „seelenlosen Stadträumlichkeit“. „An Fantasielosigkeit ist das kaum zu überbieten“, fand die FDP-Abgeordnete Sylvia von Stieglitz. Die Kritik richtete sich dabei nicht nur auf eintönig wirkende Fassaden aus einfachem Material, sondern auch auf fehlendes Grün und insgesamt eine zu dichte Bebauung. Auch der benachbarte Humboldthafen werde „bebaut bis zur Kante“, kritisierte Hilse. Berlintypische Freiflächen gingen verloren.

Die meisten Fraktionen befürworteten vor allem im südlichen Bereich des Hauptbahnhofs nicht ausschließlich Hotels, sondern auch Wohnungen. Dem erteilte die Senatsbaudirektorin eine Absage: Dadurch, dass die überirdischen Gleise auf dem Hauptbahnhof nicht wie geplant überdacht würden, sei die Lärmbelastung zu groß, um Wohnungen praktisch direkt nebenan zu ermöglichen. „Der Traum vom durchmischten Stadtquartier scheitert an dieser Lärmbelastung.“ Die Dichte der Bebauung sei jedoch beabsichtigt: „Der Bahnhof soll nicht in einer unbebauten Wüste liegen.“

Einen kleinen Lichtblick gab es dann doch noch: Ungefähr im Jahr 2013 soll der Bahnhof die lang angekündigte Straßenbahnanbindung bekommen. Das wäre dann ja immerhin schon sieben Jahre nach der Eröffnung. SVENJA BERGT