Kritik am Ex-Management: Karstadt-Substanz wurde ruiniert
Politiker und Betriebsrat wollen rasche Hilfen für die vom Stellenabbau bei Quelle betroffenen Mitarbeiter. Unterdessen kritisiert der Insolvenzverwalter das frühere Arcandor-Management.
BERLIN dpa Mit raschen Hilfen für die Betroffenen wollen Betriebsrat und Politiker den Stellenabbau bei dem insolventen Versandhaus Quelle abmildern. Bei Quelle sollen rund 3.700 der 10.500 Stellen gestrichen werden, davon etwa 1.800 im Raum Nürnberg. In den nächsten Wochen müsse über Interessenausgleich und Sozialpläne verhandelt werden, sagte die Betriebsratsvorsitzende Beate Ulonska. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte, er habe mit der bayerischen Arbeitsagentur vereinbart, dass diese auf die betroffenen Arbeitnehmer zugehe und sich um jeden einzelnen kümmere, um etwa über Qualifizierungsmaßnahmen neue Perspektiven zu geben.
Der vorläufige Insolvenzverwalter der Arcandor-Gruppe, Klaus Hubert Görg, ging mit dem früheren Management des Handelskonzerns hart ins Gericht: "Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass um den Preis der kurzfristigen Liquidität die Ertragskraft und die Substanz ruiniert wurden", sagte er der Welt am Sonntag. "Wir haben mit der Lupe nach der Substanz in diesem Unternehmen gesucht, aber wir haben nichts Nennenswertes gefunden. In diesem Hause gibt es wirklich nichts, was nicht anderen Leuten gehört." Über den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff sagte Görg, er habe sparsamere Vorstandsvorsitzende erlebt. Der Aufwand des Vorstands sei sehr hoch gewesen. "Es ist dem Vorstand erstaunlich lange gelungen, den Staub aus den Ecken zu kehren und auch den noch zu Liquidität zu machen."
Überlegungen des Handelsriesen Metro für eine Übernahme von bis zu 60 Warenhäusern verpasste Görg einen Dämpfer. "Es wird keinen schnellen Verkauf einzelner Häuser geben", sagte er. "Wir wollen Karstadt als Ganzes abgeben, mutmaßlich in einem Bieterverfahren." Auch das Berliner Nobelkaufhaus KaDeWe soll laut Görg nicht einzeln aus dem Bestand des insolventen Warenauskonzerns Arcandor verkauft werden. Die Tophäuser, wie auch das Oberpollinger in München und das Hamburger Alsterhaus, seien attraktive Bestandteile des Warenhausportfolios, "und nur für Attraktives zahlen Investoren", sagte Görg der Berliner Morgenpost.
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