Krisen-Bewältigung à la OECD: Arbeitnehmer sollen sich abwechseln
Laut der Industrieländerorganisation OECD schrumpft die deutsche Wirtschaft 2009 um 5,3 Prozent. Das könnte für 5 Millionen Arbeitslose sorgen. Für die haben die Experten eine prima Idee.
Die Verfallsdaten für Konjunkturprognosen werden immer kürzer. Im Vorfeld des am Donnerstag in London stattfindenden Gipfels der Vertreter der 20 größten Industrie- und Schwellenländer revidierten nun auch die Weltbank und die Industrieländerorganisation OECD ihre Vorhersagen. Die Experten der Weltbank gehen jetzt davon aus, dass die globale Wirtschaft 2009 um 1,7 Prozent schrumpft und erst 2010 mit plus 2,3 Prozent wieder ein ähnliches Wachstum erreicht wie im ersten Krisenjahr 2008. Die OECD-Volkswirte glauben sogar an ein Minus von 2,75 Prozent für 2009 - und eine langsamere Erholung von plus 1,25 Prozent 2010.
Am Selbstbewusstsein der Politikberater hat die Krise nichts geändert: "Wir haben uns geirrt in der Intensität der Rezession", sagte OECD-Chefökonom Klaus Schmidt-Hebbel, als er am Dienstag einen Sonderbericht seiner Organisation zum G-20-Gipfel vorstellte. Nicht aber in der Grundausrichtung: Wenn die Regierungen nun eingreifen müssten, um die Ökonomie zu stärken, entwerte das keineswegs frühere Argumentationen der Organisation, die auf die Kräfte des freien Marktes setzten. "Ich glaube nicht, dass wir etwas zurückzunehmen haben", so Schmidt-Hebbel.
Am heftigsten trifft die Rezession dem Bericht zufolge Russland, Japan und Deutschland. Grund sei die einseitige Ausrichtung der Wirtschaft in allen drei Ländern. Nach Einschätzung der OECD-Experten sinkt die Wirtschaftsleistung in Russland, die vor allem vom Öl abhängt, 2009 um 5,6 Prozent. Japan und Deutschland, die zu stark auf Exporte und die Autoindustrie setzen, haben ein Minus von 6,6 und 5,3 Prozent zu erwarten. Schmidt-Hebbel betonte aber, dass die "negativen Risiken der Prognose", also die Wahrscheinlichkeit, dass die Konjunktur noch schwächer wird, höher seien als die positiven.
Vor allem in Deutschland werden die schlimmsten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erst noch kommen, nachdem die bisherigen Produktionseinschränkungen der Unternehmen bei den Beschäftigten noch weitgehend durch Kurzarbeit aufgefangen werden. 2010 soll die Arbeitslosenquote auf 11,5 Prozent steigen und damit die Marke von 5 Millionen Arbeitslosen übertreffen.
Trotzdem sind die OECD-Experten der Meinung, dass das bisherige Krisenmanagement von Zentralbanken und Regierungen richtig ist und weitergeführt werden sollte. Das heißt: die Stützmaßnahmen im Finanzsektor beibehalten, den Banken Eigenkapitalhilfen geben, auch wenn das eine - "unbedingt temporäre" - Verstaatlichung bedeute, und sie von den toxischen Krediten befreien. Wie genau Letzteres gehen soll, ließ Schmidt-Hebbel offen. Wer es sich haushaltspolitisch leisten könne, solle aber zudem über weitere fiskalpolitische Maßnahmen nachdenken, also über neue Konjunkturpakete.
Für Deutschland hatte der Ökonom auch einen konkreten Vorschlag parat: Statt weitere Infrastrukturmaßnahmen müsse eine neue Stimulierung den Arbeitsmarkt im Fokus haben. Hier müssten die Kapazitäten der Jobcenter ausgeweitet und Einkommensersatzleistungen stärker an den Nachweis gekoppelt werden, dass Arbeitslose auch wirklich einen Job suchen. Ziel sei es, neue Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Auf die Frage, was mehr Bemühungen der Arbeitslosen nützten, wenn die Unternehmen real Arbeitsplätze abbauen, verwiesen die Experten auf die Fluktuation auf dem verbleibenden Arbeitsmarkt. Die Logik: Haben viele Arbeitnehmer abwechselnd keinen Job, muss keiner langzeitarbeitslos sein.
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