Krise trifft Mexiko hart: Der Fluch des großen Nachbarn
Mexiko ist schwer gebeutelt von der internationalen Wirtschaftskrise. Das Land leidet, anders als etwa Brasilien oder Argentinien, unter der Abhängigkeit der USA.
José González Tapa ist stolz auf seinen weiß lackierten Nissan Pick-up, mit dem er täglich zwischen Ayutla und La Mesa unterwegs ist. Die beiden Kleinstädte liegen im mexikanischen Bundesstaat Guerrero im Südwesten des Landes. Dort ist Arbeit so knapp, dass der rundliche Fuhrunternehmer froh ist, dass er mit dem Auto den Unterhalt seiner Familie bestreiten kann. Als Lagerarbeiter hatte er zuvor mehrere Jahre in Florida gearbeitet und genug gespart, um sich den Pick-up leisten zu können. So etwas ist der Traum von vielen Migranten aus Mexiko, die es in die USA schaffen und von dort ihre Familien unterstützen.
Von den harten US-Dollars aus dem Norden leben in Guerrero viele Familien. Neben den südlichen Bundesstaaten Oaxaca und Chiapas ist Guerrero die Region mit den meisten Migranten. Doch der Finanzstrom aus dem Norden ist in den letzten zwölf Monaten empfindlich zusammengeschmolzen: um 20 Prozent allein in diesem Jahr.
Das wirkt sich nicht nur negativ auf die Finanzen der Migrationsfamilien im Süden Mexikos aus, sondern auch auf die Wirtschaft des Landes, zu deren Eckpfeilern die Rücküberweisungen der Migranten gehören.
Um Mexikos Konjunktur ist es ohnehin schlecht bestellt, denn die Wirtschaft ist eng mit der US-Konjunktur verzahnt und hat empfindliche Einbußen zu verdauen. Die Regierung in Mexiko-Stadt geht von einem satten Minus von 5,5 Prozent für 2009 aus.
Es könnte aber auch noch viel schlimmer kommen. Die Industrieproduktion ist im ersten Quartal des Jahres bereits um 10 Prozent eingebrochen. Und wichtige Wirtschaftsindikatoren deuten eher auf eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Krise hin.
Schlechte Stimmung herrscht auch im sogenanten Maquiladora-Sektor, wo Waren für den US-Markt zusammengesetzt werden. Die gedämpfte Nachfrage des großen Nachbarn im Norden wirkt sich verheerend auf die mexikanische Wirtschaft aus. Und anders als die südamerikanischen Wirtschaftsmächte Argentinien und Brasilien ist Mexiko einseitig von einem einzigen großen Handelspartner abhängig. So sind beispielsweise rund 80 Prozent der in Mexiko hergestellten Autoreifen für den US-Markt bestimmt. Doch dort herrscht derzeit Flaute. Seitdem sind auch in den mexikanischen Industriezentren Kurzarbeit und Entlassungen angesagt.
Verschlimmert wird die Situation dadurch, dass auch die anderen Pfeiler der Wirtschaft, vor allem Erdölförderung und Tourismus, in den letzten Monaten eingebrochen sind. "Aufgrund der Schweinegrippe will doch kaum jemand in Mexiko Urlaub machen", geben Tourismusmanager in Mexiko-Stadt zu Protokoll und warnen vor einem schlechten Jahr für die Branche. Die generiert immerhin zwei Millionen Jobs und steuerte 2008 8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. 2009 wird es deutlich weniger werden, denn neben der Schweinegrippe macht sich auch die internationale Wirtschaftskrise im Reisesektor negativ bemerkbar.
Die Zeiten werden also härter in Mexiko, und das wird in einem ganz anderen Bereich ebenfalls deutlich: "Die Zahl der Menschen, die sich auf den langen und harten Weg in die USA begeben, nimmt wieder zu", berichtet Abel Borrosso vom Menschenrechtszentrum Tlachinollan in der Provinzstadt Tlapa in Guerrero. Eine Einschätzung, die auch José González Tapa teilt. Er hofft, dass es sein Nissan noch einige Jahre macht.
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