piwik no script img

Krise bei der spanischen GemaProfitable Piraterie mit Beethoven

Massenaustritte bei der spanischen Gema: Stars wie Pedro Almodóvar haben genug. Das Tantiemensystem bevorzugt unbekannte Hintergrundmusik.

Hat bei der spanischen Gema wenig zu lachen: Pedro Almodóvar, hier 2016 in Madrid Foto: dpa

Madrid taz | Der spanischen Gesellschaft der Autoren und Verleger (SGAE) laufen die Mitglieder davon. Um die 120 Fil­me­ma­che­r*in­nen und mehrere Dutzend Mu­si­ke­r*in­nen haben dem Verband, der seit 1988 über die Autorenrechte wacht und die Tantiemen verteilt, in den letzten Monaten den Rücken gekehrt – darunter so bekannte Namen wie der Regisseur und Oscarpreisträger Pedro Almodóvar, der Liedermacher Joaquín Sabina oder der wohl internationalste aller spanischen Schlagersänger, ­Julio ­Iglesias.

Es ist der vorläufige Höhepunkt einer seit Jahren schwelenden Krise, bei der es nicht zuletzt ums Geld geht. Rund 300 Millionen Euro fließen jährlich in die Kassen der SGAE. Der Betrag stammt von Radio- und vor allem von Fernsehanstalten. Aufgeteilt wird unter den Mu­si­ke­r*in­nen, den Texter*innen und ihren Verleger*innen.

Doch während völlig unbekannte Künstler*innen in den letzten Jahren Hunderttausende eingestrichen haben, gehen die großen Stars mit Kleinbeträgen nach Hause. „Unser Repertoire erhält rund 1 Prozent der Ausschüttungen. Das ist ein Witz“, beklagt sich der Chef der spanischen Niederlassung von Warner, die etwa Bruce Springsteen, die Rolling Stones, Beyoncé oder Juanes verlegt.

„Fernsehrunde“ heißt im SGAE-Jargon das System, das dies möglich macht. Die Tan­tiemen stammen zum Großteil aus den öffentlichen und privaten Fernsehanstalten. Diese haben sich als Verleger*innen eingetragen, um einen Teil der Tantiemen zurückzubekommen.

Vor allem zu nächtlicher Stunde laufen Dauerprogramme mit Hintergrundmusik. Als Au­to­r*in­nen fungieren Unbekannte, Verlegerin ist die Fernsehanstalt selbst. So manche Künstler*in hat Hunderte von Stücken eingetragen. Andere heuern gar Strohmänner und -frauen an, damit nicht zu viele Stücke unter ihrem Namen laufen. Ehefrauen und Schwiegerväter, die noch nie auch nur eine Note geschrieben haben, werden so zu Autor*innen.

Je mehr Tantiemen, desto mehr Stimmen

Das Gedudel ist nicht immer originär. So mancher Autor präsentiert Stücke, die öffentlich zugänglich sind, wofür aber wegen ihres Alters keine Autorenrechte mehr gelten. Oft ändern sie kleine Sequenzen, manchmal nicht einmal das. Selbst vor bekannten Komponisten wie Beethoven oder Bach macht diese Art der gewinnbringenden Piraterie keinen Halt.

Almodóvar gehörte zu einer Gruppe kritischer SGAE-Mit­glieder, die vom Kultusministerium einzuschreiten verlangten. Die spanische Regierung wandte sich an den Vorstand und forderte eine Statuten­änderung. Diese fiel den Mitgliedern aus der „Fernsehrunde“ zum Opfer. Denn je mehr Tantiemen, desto mehr Stimmen auf der Vollversammlung. Für einige war das der Beweis, dass die SGAE nicht reformierbar ist. Sie gehen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Sag mal so - GEMAfia •