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Krise auf ZypernLöhne runter, Steuern rauf

Finanzminister Sarris nimmt nach nur kurzer Amtszeit seinen Hut. Derweil wird ein neues Sparpaket geschnürt, dass den Menschen auf Zypern weitere Bürden auferlegt.

War nur kurz das Gesicht der Krise: Ex-Minister Michalios Sarris. Bild: reuters

BERLIN/NIKOSIA taz | Am Dienstag ist der zyprische Finanzminister Michalios Sarris nach nur vier Wochen im Amt zurückgetreten. Er begründete seinen Schritt damit, Ermittlungen der Untersuchungskommission, die dei Hintergründe der Bankenkrise unter die Lupe nimmt, nicht im Wege stehen zu wollen. Er war früher einmal Chef der Pleite-Bank Laiki. Sarris‘ Nachfolger soll Arbeitsminister Charis Georgiades werden.

Auch Präsident Anastasiades geriet wegen möglicher Insidergeschäfte unter Druck. Die linke Tageszeitung Haragvi berichtete, eine Firma von Anastasiades‘ Schiegersohn habe wenige Tage vor der Zwangsschließung der Banken 21 Millionen Euro nach Großbritannien überwiesen.

Das Unternehmen bestätigte die Angaben, dementierte aber, dass zuvor Informationen aus dem Präsidentenamt geflossen seien. Tatsächlich waren schon Wochen vor der Pleite der Laiki-Bank deren existenzielle Schwierigkeiten bekannt. Eine Kommission, die Vorwürfe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen soll, begann gestern mit der Arbeit.

Am Montagabend waren Zehntausende zu einem Konzert an der Stadtmauer von Nikosia zusammengekommen. Statt eines Eintrittspreises wurden die Besucher gebeten, Lebensmittel wie Nudeln oder Reis zu spenden. Die Kartons stapelten sich. „Wir wollen helfen, solange wir es noch können“, sagte eine Besucherin.

Diese Prognose könnte rasch eintreffen. Ein neues Sparpaket, das derzeit zwischen Regierung und der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und dem IWF verhandelt wird, bedeutet weitere Härten für die Inselbewohner.

Diesmal geht es nicht um Sparkonten, sondern um die Staatsausgaben. Angestellte im öffentlichen Dienst sollen künftig auf 6,5 bis 12,5 Prozent ihres Gehalts verzichten. Außerdem werden die Renten der Zyprer um 3 Prozent gekürzt. Die Mehrwertsteuer steigt angeblich von 17 auf 19 Prozent, zudem werden die Steuern auf Tabak, Alkohol und Benzin erhöht. Ein Teil der staatlichen Betriebe soll privatisiert werden. Nach neuen Prognosen soll die Wirtschaftskraft Zyperns 2013 um 9 Prozent schrumpfen.

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7 Kommentare

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  • I
    Irmi

    wenn man der Bevölkerung immer mehr die Renten und Gehälter kürzt und dann noch Steuern erhöht, wie soll da die Wirtschaft nach oben gehen können. Die Politiker und Banken haben das Elend verursacht, ihre Millionen ins Ausland geschafft, die sollen mit ihrem Vermögen dafür haften müssen. Macht endlich Schluß mit den Steueroasen !

  • K
    Kaboom

    Ungeachtet der schlichten Tatsache, dass die Ursachen der Krise in den verschiedenen Ländern völlig unterschiedlich sind, werden immer die gleichen Rezepte verordnet. All die Maßnahmen haben mit der Krise nichts, aber auch gar nichts zu tun. Es geht um die Umformung Europas nach neoliberalem Muster. Es geht um das Schleifen von Sozialstaat und Arbeitnehmerrechten, exakt nach dem von Naomi Klein in "The Shock Doctrine" beschriebenen Muster.

  • W
    Wolfgang

    Das Kapital regiert immer noch erfolgreich die Köpfe!

     

    Nicht nur Zypern ist ein Absetz- bzw. Absatzgebiet für die Wirtschafts- und differenzierte Drogenmafia: deren Millionäre, Multimillionäre und Milliardäre.

     

    Zugleich werden ausschließlich die werktätigen Bevölkerungsmehrheiten, wie auch in Deutschland und Resteuropa, zur Bewältigung von deren Finanz- und Wirtschaftskrise - durch deren jeweilige klein-bürgerliche Lobbyregierungen und Parlamentsmehrheiten - herangezogen.

     

    Bemerkenswert bleibt auch, trotz massenhafter Jugendarbeitslosigkeit in Europa (Jugend ohne Zukunft), ein gewaltsamer Volksaufstand findet nicht statt! -

     

    Träumt die medial und geistig manipulierte (werktätige und arbeitslose) Jugend und Bevölkerungsmehrheit, vom Wohlstand in der (A)"Sozialen Marktwirtschaft" der Finanz-, Erbschafts- und Monopolbourgeoisie, - deren Bankenvorstände und Spekulanten, - deren Monopolindustrien und Wirtschaftsverbände, - von deren bürgerlichen Parteien, Regierungs- und Parlamentslobbyisten und "Sozialpartner" ? (!)

  • TL
    Tim Leuther

    Und?

    Bisher haben die ihre Löhne mit Finanzkriminellen Strukturen in die höhe geschraubt. Damit ist nun schluss.

     

    Wo ist das Problem?

     

    Verdientes Schicksal.

  • C
    Celsus

    Es ist in Zypern eben ein konservativer Präsident an der Regierung. Es gilt da als Allheilmittel, dass es den Menschen schlecht gehen müsse, damit es der Wirtschaft gut gehe. Es ist ein sinnentleerter Begriff von Wirtschaft.

     

    Damit der Konsum und damit die Binnenkonjunktur nicht einbricht, muss eine Mindesthöhe der Löhne bei Vollzietarbeit garantiert sein. Zudem verhindert es das indirekte Schmarotzen von Firmen an aufstockenden Sozialleistungen. Das haben CDU und CSU auch erst vor kurzer Zeit ansatzweise begriffen. Ich glaube, auf Zypern sind die Konservativen noch nicht so weit.

  • S
    spiritofbee

    Es könnte einem fast der Verdacht kommen, daß Zypern entvölkert werden soll. Hoffentlich geben die Isländer bald mal Seminare in Fussballstadien zum Thema Bankenpleite unter dem Souverän des Volkes......

  • H
    habnix

    Durch sinkende Löhne und Renten wird, nach neoliberaler Sicht, die Wirtschaft wieder in Gang kommen. Dazu noch Staatseigentum verscherbeln und notwendige Strukturausgaben streichen. Wenn niemand Geld ausgibt, wird auch nichts wachsen. Das wollte schon "unser Spar-Hans" Herr Eichel beweisen. Zudem sieht man schon seit Längerem die "Erfolge" dieser Politik in den südeuropäischen Ländern. Und da die Medizin nicht wirkt, erhöht man einfach deren Dosis. Realpolotik sieht anders aus.