: Krise? Ruhe bewahren!
■ Reaktionen aus den Bezirken auf Senator Mirows „Giftliste“: Empörung, aber keine Hektik
Auch wenn die Zeiten härter werden, verschmoren die Hirnzellen der Staatsdiener nicht zwangsläufig in fieberhafter Aktivität. Aufgefordert, ihren nicht unerheblichen Teil zu den Einsparungen der kommenen Jahre zu konkretisieren (Abbau von 800 Stellen bis 1997), zeigen sich Hamburgs Bezirksämter weiter hanseatisch gelassen. Die vor einigen Wochen von Bezirkssenator Thomas Mirow übersandten Spar-Anregungen – besser als „Giftliste“ bekannt (taz berichtete) – hat dort zwar Empörung, aber keine hektische Betriebsamkeit ausgelöst.
Zum 26. Juni sollten die bezirkszentralen dem Senat ihre Vorschläge einreichen; immerhin will der den Haushalt in der kommenden Woche festklopfen. Doch ein Rundruf in den Bezirken offenbarte gestern: Auch Krisen muß man langsam kommen lassen. Sollte sich Mirow konkrete Vorschläge erhofft haben, wie in den Bezirken zum 1. Januar '95 einige hundert Stellen abbgebaut werden können, wurde er bitter entäuscht.
„Also, wir haben das Papier mehr als Anregung verstanden“, heißt es im Bezirk Nord. Vorschläge, wie den Verzicht auf Schuldnerberatung, habe man eh als „absolutes Windei“ abgetan. Auf „Hinhaltetaktik“ setzt man im Bezirksamt Wandsbek: Wie in Harburg und Bergedorf gibt es auch hier noch keine konkreten Ideen. Herumgedacht werde wieder nur am Rasenmäherprinzip, grummelt es. Ob mit diesem Verfahren im nächsten halben Jahr 50 Stellen abgebaut werden können, ist offen. Der heimliche Vater des Hintergedankens: „'96 ist auch noch ein Jahr“.
Notfalls könne man ja die Neubesetzung offener Stellen zeitlich strecken. Unter der Hand prognostizieren die meisten, daß das Reinigungspersonal wohl zum Sparopfer werde. So die Bezirke sich nicht zu anderen Maßnahmen durchringen, könnten durch die Privatisierung der Putzarbeiten pro Bezirk rund 250 Frauen ihre sozialversicherten Stundenjobs verlieren. Das putzt den Stellenplan ungemein. Wer merkt schon, daß Reinigungsfirmen anschließend auch bezahlt werden müssen? sako
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