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KriminalitätsbekämpfungStraffällige Kinder sollen ins Heim

Der Senat will bis zum Sommer ein geschlossenes Heim für bis zu sechs strafunmündige Kinder in Berlin einrichten. Der Ansatz: intensive Betreuung statt Gitter.

Der Senat will ab sofort mit einem Maßnahmenpaket auf straffällige Kinder reagieren. Dazu gehört die Einrichtung eines geschlossenen Heimes in der Hauptstadt, wie Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) im Anschluss an ein interministerielles Treffen am Mittwoch bekannt gab. Zöllner sprach von einem "Qualitätssprung nach vorn" im Umgang mit Jungstraftätern.

Das neue Heim soll bis Sommer 2011 eröffnet und von der Stiftung soziale Dienste (FSD) und dem Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) betrieben werden. Der genaue Standort werde noch geprüft. Vorgesehen sind sechs Krisenplätze, die pro Kind und Tag rund 300 Euro kosten werden. Es sei gewährleistet, dass die delinquenten Kinder "nicht einfach wieder weglaufen können", versicherte Zöllner. Die Unterbringung sei aber nur vorübergehend. Spätestens nach sechs Monaten in dem Heim soll eine langfristige Unterkunft für die Kinder gefunden sein.

Michael Piekara vom EJF versprach eine verbindliche Betreuung durch Menschen. Es werde keine Gitter geben. Die Jugendlichen würden in einer festen Tagesstruktur leben und rund um die Uhr von zwei interkulturellen Pädagogen betreut. Nur bei einer Selbst- und Fremdgefährdung käme ein Einschluss mit einem Therapeuten in Frage. "Wir dürfen nicht vergessen, dass viele dieser Kinder aus Krisengebieten kommen und nicht nur Täter, sondern Opfer sind", so Piekara.

Im Sommer war in Berlin eine Diskussion über junge Intensivtäter entbrannt, nachdem wiederholt Kinderdealer von der Polizei aufgegriffen wurden. Bis zum 14. Lebensjahr sind Kinder in Deutschland strafunmündig. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Innensenator Ehrhart Körting (beide SPD) forderten daraufhin geschlossene Heime auch in Berlin, ebenso Polizeipräsident Dieter Glietsch. Bisher waren Intensivtäter unter 14 Jahren in einem abgelegenen Heim im Brandenburgischen Frostenwalde untergebracht.

Neben dem Plan für das geschlossene Heim stellte Zöllner weitere Maßnahmen im Kampf gegen Kinderkriminalität vor. So soll es feste Ansprechpartner bei Jugendämtern, Kindernotdienst, Familiengerichten und Polizei geben. Die Charité sichert zudem "ad-hoc-Untersuchungen" zur Altersfeststellungen innerhalb von 24 Stunden an. Hier war es zuletzt wegen Personalmangels zu langen Wartezeiten gekommen.

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2 Kommentare

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  • HD
    Horst Dahlem

    Die kapazität von sechs Plätzen ist zweifellos nur ein Tropfen auf den heißen Stein,insbesondere dann wenn diese Heimeinrichtung für den gesamten Stadt- bereich Berlin zuständig sein soll.Zum Vergleich:Zur Zeit wird eine Jugendhaftanstalt speziell für Minder-jährige in Luxembourg gebaut-ein Land mit ca.470000 Einwohnern-dort werden zwölf(12)Plätze angeboten.

    Die Anlage nimmt 2013 ihre Arbeit auf.

    Leider gibt es Eltern die ihren Obliegenheiten in Erziehungsangelegenheiten nicht in ausreichendem Maß gerecht werden.Ob das nun an mangelnder Integration,Sozialisation oder anderen Gründen liegt muß exakt eroiert werden um ein familientherapeutischen,pädagogischen oder gar strafrechtlichen Ansatz zu finden.Entscheidendes Kriterium bei disozialen Jugendlichen sind"vertrauensbildende Maßnahmen"über ein strukturierten Alltag,Bildung und sozialer Interaktion.Geschlossene Einrichtungen bieten-zeitlich befristet-dafür optimale Voraussetzungen.

    Leider zu einem hohen Preis,alles was die Familie nicht leistet muß die Allgemeinheit leisten und das kostet viel Geld.Das gilt für die Sozialisation heranwaschender Generationen sowie der Pflege und Versorgung alter und gebrechlicher Menschen.In einer Gesellschaft die sich immer weiter individualisiert ist es nur konsequent daß der Steuerzahler die Rechnung bekommt.So beklagenswert die Umstände denn auch sein mögen,es wird im Interesse unserer Mitbürger allerhöchste Zeit das endlich Plätze in geschlossenen Einrichtungen für Jugendliche angeboten werden und zwar deutlich mehr als sechs Plätze!

     

    Dipl.Soz.Päd.Horst Dahlem

  • W
    Wolf-G.Biermann

    Alles gesund ???

    "sechs Krisenplätze....pro Kind und Tag rund 300 Euro"

     

    Ich mach´s billiger: gebt mir für meine Kinder zusammen 300€ am Tag, ich würde sie dann ein halbes Jahr von kriminellen Machenschaften abhalten, ok ?

     

    gruß wolf