Krimi "Grandhotel": "Tatort" im Traumschiff-Style
Im "Grandhotel" der ARD (Mittwoch, 20:15 Uhr) geht es so chaotisch zu, dass es kein Draußen mehr braucht und der Hausdetektiv ununterbrochen gefordert ist.
Aus dem Hotel-Roman ist längst ein Genre geworden. Berühmt wurde Vicky Baums "Menschen im Hotel" und Arthur Haileys "Hotel". Ferner "Der Roman des Hotel Adlon" von Jürgen Ebertowski und die Erzählung "Hotel Angst" John von Düffels. Nicht zu vergessen das "Hotel California" der Rockgruppe "America", das "Overlook Hotel" in Stanley Kubricks Film "The Shining", das "Beverly Wilshire Hotel", in dem "Pretty Woman" spielte und das noch vornehmere "Park Hyatt Tokio", wo "Lost in Translation" gedreht wurde. Hotels sind beliebte Kinokulissen.
Auch real kommt man sich als Gast in einem Luxushotel manchmal wie in einem Film vor. Die ARD zeigt jetzt einen, in dem ein Hoteldetektiv die Hauptrolle spielt: "Eine Nacht im Grandhotel". Dramaturgisch eine Umdrehung des "Grandhotel Abgrund" von Georg Lukacs: Hierhin zogen sich einst die ohnmächtigen Bürger vor dem Chaos der Geschichte zurück. Im "Grandhotel" der ARD geht es dagegen selbst so chaotisch zu, dass es kein Draußen mehr braucht und der Hausdetektiv praktisch ununterbrochen gefordert wird.
Da ist - auf Zimmer 128 - der Mafioso mit seiner Geliebten Greta, die einmal die Freundin des Hoteldetektivs war, der wiederum, als einstiger "Europol"-Bulle, hinter dem Mafioso her war. Dieser ist jetzt aber nicht nur schwer krank, da ist auch noch ein Gast (auf Zimmer 130), der beauftragt ist, ihn zu ermorden. Der wird dann jedoch selbst umgebracht - vom Hoteldetektiv.
Dabei kommt heraus, dass die fiese Hotelmanagerin dem Auftragskiller half. Sie fühlt sich zum Hoteldetektiv hingezogen, wird von diesem aber zur Kündigung gezwungen. Für kurze Zeit ist er nun Hotelchef - ohne ihn läuft bald nichts mehr. Er wirkt angespannt. Während eines nächtlichen Gesprächs mit dem krebskranken Mafioso sagt dieser zu ihm: "Gretas Schönheit, das ist das einzig Ewige!" "Ja, das stimmt," erwidert der Hoteldetektiv nachdenklich.
Um diesen Dialog über die letzten Dinge wickeln sich aber noch jede Menge andere Handlungsstränge, die das Eingreifen des darob übermüdeten Hoteldetektivs erfordern - bevor das "Serviceniveau" sinkt. Und so muß er die sympathische Rezeptionistin dazu bewegen, am Bett eines reichen Gastes zu wachen, der depressiv und betrunken ist. Die Einkaufsprobleme der Küche bei Meeresfrüchten beheben - und das diesbezügliche Fehlverhalten des Personals gleich mit.
Außerdem muß er den Verdacht, dass es auch klaut, dass es der eigenen drogenabhängigen Tochter im Hotel Unterkunft gewährte und exhibitionistisch veranlagt ist, entkräften. Um letzteres hinzukriegen, macht der Detektiv einer verarmt-alternden Sängerin einen fairen Zimmerpreis. Zum Dank singt sie abends für die Überlebenden der vergangenen Nacht im "Salon" einen alten Schlager aus der großen Zeit der Grandhotels - und der Hoteldetektiv darf sie auf dem Klavier begleiten.
Ich hoffe, ich habe nicht zu viel verraten. Dem Regisseur ist es mit einer einzigen "Grandhotel-Nacht" gelungen, aus einem Hotel-Roman einen Regionalkrimi zu machen, wobei er den "Tatort" nach Art des "Traumschiffs" aufbereitete. Während bei diesem schwimmenden Hotel jedoch die knallig-exotischen Farben überwiegen, ist das immobile "Grandhotel" eher in dunkelrot bis heimeligbraun gehalten.
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