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Krieg in MaliDer unsichtbare Wüstenkrieg

Die französische Militäraktion mutiert zur opferreichen Aufstandsbekämpfung. Spannungen wachsen, es droht eine Unterversorgung mit Lebensmitteln.

Auf unbestimmte Zeit mit Aufstandsbekämpfung beschäftigt: französische Soldaten in Mali. Bild: ap

BERLIN taz | Nur wenige Nachrichten dringen noch aus dem Norden Malis an die Außenwelt. Seit sich Frankreichs glamouröser Vormarsch gegen Islamisten in klassische Aufstandsbekämpfung verwandelt hat, werden in Paris Siegesmeldungen durch Mutmaßungen ersetzt.

„Viele, viele Tote“ aufseiten der „Dschihadisten“ vermeldete Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian am Mittwoch und hob lobend hervor, man mache „sehr wenig Gefangene“. Malis Regierungstruppen haben nach offiziellen Angaben bis Anfang dieser Woche im Krieg 37 Tote und 138 Verletzte zu beklagen.

Im Januar waren die drei nordmalischen Distrikthauptstädte Gao, Timbuktu und Kidal kampflos an Frankreichs Armee gefallen. Dies ging in Gao mit Übergriffen gegen mutmaßliche Islamisten einher, in Timbuktu mit Angriffen auf „Araber“. In Timbuktu übernahm Malis Armee die Kontrolle, in Gao kamen zusätzlich Eingreiftruppen aus Tschad und Niger. In Kidal etablierten sich gemeinsam mit Tschad die malischen Tuareg-Rebellen der MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad).

In Gao kommt es seit zwei Wochen wieder regelmäßig zu schweren Kämpfen mit islamistischen Aufständischen. „Die Schlacht zur Rückeroberung unseres Gebietes hat begonnen“, tönte die einst in Gao stationierte „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ (Mujao) vor einer Woche. Sowohl in Gao als auch in Kidal hat es Sprengstoffanschläge gegeben. Und in den Bergen nördlich von Kidal starben Ende letzter Woche 23 bis 25 Soldaten aus Tschad und ein Franzose in einem Hinterhalt außerhalb der Stadt Tessalit. Medien in Malis ferner Hauptstadt Bamako verdächtigen Tuareg-Militärführer in Kidal, mit den Urhebern dieses Anschlags unter einer Decke zu stecken.

Sorge wegen Übergriffen

Appelle für Dialog und Toleranz haben es schwer. Vor einer Woche verbreitete eine Gruppe von „Stammeschefs der Region Timbuktu und der Niger-Flussbeuge“ eine Erklärung, in der sie die „sofortige Aufnahme von Verhandlungen zwischen MNLA und Regierung“ forderten. Zudem verkündeten sie „unsere totale Ablehnung jeglicher Wiedereinsetzung der malischen Administration und Armee, die Unsicherheit, Korruption und Marginalisierung“ hervorbringen. Die Erklärung wurde auf einem zweitägigen Treffen im Nachbarland Senegal erstellt. In Algerien hoben die Medien die Erklärung hervor – als Teil zunehmender Sorge über Übergriffe in Mali.

Tuareg und Araber beherrschen im Norden Malis den Fernhandel. Sie zu verdrängen stört die Wirtschaftskreisläufe in einer ohnehin sehr schlecht versorgten Region. „Die Lage bleibt extrem angespannt“, erklärte diese Woche die humanitäre Koordinationsstelle der UNO (OCHA).

Bundeswehr in Mali

Der Bundestag hat gestern die Entsendung von 180 deutschen Soldaten für die EU-Mission in Mali sowie von 150 für Transport und Luftbetankungen französischer Streitkräfte beschlossen. Für das erste Mandat stimmten 496 von 567 Abgeordneten; es gab 67 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Für das zweite Mandat stimmten 492 von 566 Abgeordneten; 66 votierten mit Nein, acht enthielten sich. Als einzige Fraktion hatte die Linke angekündigt, die Mandate abzulehnen.

Gernot Erler (SPD): Lage in Nordmali ist weiter „bedrohlich“

Rainer Stinner (FDP): Lage beeinflusst „unsere deutschen Sicherheitsinteressen nachhaltig“

Andreas Schockenhoff (CDU): Mission könnte „die Voraussetzung dafür sein, dass ein politischer Prozess wieder möglich ist“

Kerstin Müller (Grüne): Mission ist „Notoperation, um Schlimmeres zu verhindern“

Christine Buchholz (Linke): „Mali hat viele Probleme, aber keines ist militärisch zu lösen“

Das internationale Frühwarnnetzwerk für Hungerkrisen, Fewsnet, vermeldete im Februar, die Preise für das Grundnahrungsmittel Hirse seien in Timbuktu um bis zu 60 Prozent über den Fünfjahresdurchschnitt gestiegen, in Gao lägen sie um 80 Prozent darüber. Die Hirtenbevölkerung fände keine Abnehmer für ihr Vieh und damit sänken ihre Einkommen. Im Süden Malis gebe es nach guten Ernten große Lebensmittelvorräte, aber wegen des Krieges sei es jetzt attraktiver, sie nach Niger oder Burkina Faso zu verkaufen als in den Norden des eigenen Landes.

Extrem gefährliches Reiseland

Noch schlägt sich all dies nicht in größeren Fluchtbewegungen nieder. Die Zahl der Binnenvertriebenen in Mali ist seit Konfliktbeginn um 15.000 bis 30.000 gestiegen, auf jetzt rund 260.000. Es ist allerdings derzeit extrem gefährlich, in Nordmali zu reisen, und die Hälfte der Bevölkerung der Region ist schon längst auf der Flucht.

Auf Verschärfungen der Versorgungslage wäre die internationale Gemeinschaft schlecht vorbereitet. Der laufende UN-Hilfsappell für Mali war bis zum 19. Februar nach UN-Angaben nur zu 4,6 Prozent finanziert - 17,2 von 373,1 Millionen Dollar (283 Millionen Euro). Und nicht nur die Hilfswerke wollen Geld. Die Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), die in Mali rund 6.000 Soldaten aufseiten der 6.000 Soldaten aus Frankreich und Tschad plant und dafür auch auf Transportflüge der Bundeswehr zählt, hat gerade ihren Finanzbedarf dafür von 455 auf 950 Millionen US-Dollar erhöht. Und international hat in Mali das Militär derzeit Vorrang.

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5 Kommentare

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  • JB
    Jochen Braun

    @Anna: Bitte erklär mir doch mal was die Militäraktion in Mali mit den Uranminen von Areva im Niger zu tun hat, abgesehen davon, dass Frankreich natürlich vermeiden will ,dass mit Mali ein Nachbarland Nigers an Islamisten fällt.

    Frankreich sieht Westafrika als eigenen Hinterhof an, wie die USA es mit Mittelamerika halten. Da braucht es nicht immer Bodenschätze oder andere Wirtschaftsinteressen zum Eingreifen, sondern es reicht auch schon das Macht- und Geltungsbedürfnis der jeweiligen Bewohner des Elyseepalastes.

     

    Das immer wieder gerne angeführte Uran ist in Mali bisher nur in kleinen Vorkommen nachgewiesen, und Frankreich hätte in anderen ehemaligen Kolonien leichteren Zugriff auf erheblich umfangreichere Vorkommen.

     

    Sonst kann ich mich "von etwas problematische darstellung:" nur anschliessen. Der Konflikt ist von hier schwierig zu bewerten und selbst vor ort, vorallem im Süden trommelt die Propaganda. Naja, ich bin in 4 Wochen wieder in Gao und werde mal sehen was es dann an neuen Informationen gibt.

  • A
    anna

    Warum" Besatzung"? fragt kommentator sinac.

     

    das ist doch wohl inzwischen klar: Krieg für uran!

    die uranvorkommen im niger sichern den nachschub nach frankreich.

     

    aber nun zum artikel:

     

    ertst krieg hetzen und dann die folgen beklagen!

     

    schäm dich dominik johnson!

  • EP
    etwas problematische darstellung

    1. aufstandsbekämpfung suggeriert in den städten verschanzte kämpfer die rückhalt in der bevölkerung haben und häuserkampf. bei den kämpfen in gao handelte es sich jedoch ausnahmslos um kleinere (10-40) kampfeinheiten der islamisten die (nacht?) über den niger nach gao eingesickert sind, sich z.b. im ehemaligen rathaus verschanzt haben und jeweils innerhalb eines tages durch die dortigen afrikanischen und französischen truppen besiegt wurden. die selbstmordattentäter kamen ebenfalls von ausserhalb, sonst hätten sie sich wohl kaum am stadtrand in die luft gesprenkt (ausser ihnen ist niemand gestorben).

    2. zum zeitpunkt der ersten attacke in gao waren auch 50 ausländische journalistInnen vorort. auf al jazeera konnte man sich videos der kampfhandlungen ansehen. soviel zu schwieriegn informationslage.

    3. das problem ist sicherlich, dass die frontlinie an der man gerne journalistInnen hätte, damit man von freier presse reden kann, nicht existiert. die wichtigen kampfhandlungen finden gerade im ifhoras gebirge - dem rückzugsgebiet der islamisten - statt.da dort nur wenige menschen leben ist es sicher schwierig an infos zu kommen. die wahrscheinlichkeit, dass dort zivilisten sterben dürfte hingegen auch gering sein.

    4. wenn es für weisse europäer gefährlich ist im norden zu reisen (das war es nördlich von gao übrigens die letzten 10 jahre auch) gilt das nicht umbedingt für schwarze malierInnen. da stellt sich eben die frage welches bild man hier in D suggerieren will

     

    ist doch irgendwie blöd wenn sich die berichterstattung darauf beschränkt deutsche linke in ihrer weltsicht zu bestätigen

  • S
    sinac

    Ich frage mich wo ist der Profit der "Besatzung"? Was ist es diesmal?

  • NM
    Nikta Momus

    Ja, wir sind mal wieder Deutsches Afrikakorps! Ja, wir sind wieder in Afrika! Lasst uns tarnen! Wie damals?! Mit Schlamm! Lasst uns eine dicke, suppige Brühe aus Erde und Wasser oder Benzin, sogar Achselfett und Motorenöl in Eimern und Töpfen rühren und mit Händen, Schwämmen, Lappen, Pinseln auftragen! Nein, jetzt tarnen wir uns anders, demokratisch: mit zwei Bundestagsmandaten, wobei angeblich Ausbildung in Mittelpunkt stehen soll! Wer sagt aber, dass ein Angriff auf eine Ausbildungskaserne ausgeschlossen ist? Und sofort sind Soldaten mit im Kampfgeschehen. Ja, die Entscheidung ist demokratisch oder wenigstens nach dem Mehrheitsprinzip gefallen! Aber macht es Einsatz begründeter? Der Bundestag hat seit elf Jahren immer wieder Afghanistan-Einsätze beschlossen, obwohl alle Welt wusste, dass es zu keinem Ergebnis führt, dass dort Stabilität und Frieden einkehrt, dass dort Menschenrechte und Frauenrechte geachtet werden! Man hat die Erfahrung, aber trotzdem handelt man gegen diese Erfahrung und auch gegen bessere Argumente.