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Krieg in LibyenSahara-Rebellen eröffnen vierte Front

Aufständische aus dem afrikanischen Toubou-Volk haben eine Stadt nahe des Tschad erobert. Sie sind eine der nichtarabischen und diskriminierten Minderheiten Libyens.

Die in den vergangenen Tagen umkämpfte Stadt Sawija soll jetzt in Rebellenhand sein. Bild: dapd

BERLIN taz | Die südwestlibysche Wüstenregion Fezzan an der Grenze zu Niger und Tschad galt bislang als sichere Versorgungsroute des bedrängten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Jetzt sind Aufständische aus dem afrikanischen Toubou-Volk dort nach eigenen Angaben in Aktion getreten und haben den Verkehrsknotenpunkt Morzuk eingenommen.

Ein General und ein Oberst seien beim Angriff der Toubou-Rebellenarmee "Bataillon der Wüstenschilde" gefangen genommen worden, erklärte Rebellensprecher Mohamed Wardougou am Donnerstag.

Durch die Region Fezzan verlaufen die wichtigsten Transsaharastraßen, die Libyen mit Westafrika verbinden. Bislang galt dies als die einzige Region Libyens, wo noch keine Aufständischen aktiv waren. Jetzt gibt es offenbar eine vierte Kriegsfront, neben Ostlibyen um Bengasi, der einst belagerten Küstenstadt Misurata östlich der Hauptstadt Tripolis sowie den westlibyschen Nafusa-Bergen, von denen aus sich die Rebellen mittlerweile nach Zawiya an der Küste westlich von Tripolis vorgearbeitet und damit die Hauptstadt in die Zange genommen haben.

Die Toubou gehören ebenso wie das bekanntere Volk der Tuareg zu den nichtarabischen Minderheiten Libyens und wurden nach Angaben der "Gesellschaft für bedrohte Völker" in den vergangenen Jahren systematisch diskriminiert. Während Tuareg-Kämpfer, die einst mit Gaddafis Geld Aufstände in Mali und Niger führten, jetzt für Gaddafi kämpfen, sind viele Toubou nach Niger und Tschad geflohen, wo Hunderttausende nichtarabische Kriegsflüchtlinge aus Libyen nach abenteuerlichen Reisen durch die Wüste Zuflucht gefunden haben.

Neue Kriegsfront

Tschads Präsident Idriss Déby gilt als Verbündeter Gaddafis, hat aber in letzter Zeit durch Verhaftungen verhindert, dass tschadische Söldner zu den Gaddafi-Truppen in Libyen stoßen. Die diversen Rebellen im Osten Tschads, die in vergangenen Jahren mit Unterstützung aus dem Sudan gegen Déby kämpften, haben sich derweil nach Berichten aus Tschad in den Norden des Landes Richtung libysche Grenze bewegt und Kontakte zu Libyens Aufständischen geknüpft.

Daher rührt nun auch die Präsenz von Vertretern der nichtarabischen Völker Südlibyens in den politischen Strukturen der Rebellion, die jetzt den Aufstand in ihre Heimatgebiete tragen.

Mit der neuen Kriegsfront im Süden wird die Lage für Gaddafi immer prekärer. Auch ansonsten vermelden die Rebellen Erfolge. Am Donnerstag nahmen sie nach Angaben von Reuters in Zawiyah die letzte noch von Gaddafi kontrollierte Ölraffinerie im Westen des Landes ein.

Aus Garyan 80 Kilometer südlich der Hauptstadt zogen sich nach Augenzeugenberichten die letzten Gaddafi-Truppen Richtung Tripolis zurück. Und aus Misurata sollen sich Rebellenkämpfer Richtung Osten auf den Weg gemacht haben, um Gaddafis Hochburg Sirte anzugreifen.

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5 Kommentare

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  • A
    Afrikawelle

    Taz? Das war einmal, einigermaßen eine der kritischen Zeitungen in Deutschland. Das wars. Jetzt? Unkritisch, nicht informativ, historische Einblicke in der Beziehung der Konfliktparteien bleiben aus. Ethische Grundsätze spielen keine Rolle. Nato, das militärbündnis, die eigentlich die militärische Durchsetzung der westlischen Staaten in Libyen für die Ausbeutung der Rohstoffe in ganz Afrika erbrobt wird als Geburtshelfer der Demokratie und Menschenrechte dargestellt. Echt armsellig. Die Hoffnung stirbt zur letzt sagt man ja hier. Deshalb habe ich nicht aufgehört ab und zu in die Taz reinzulesen. Leider keine Veränderungen in Sicht. Mit der Zeitgeist müßt ihr ja gehen. Man kan es auch Systemkonform nennen.

  • 1
    1-Gaou

    @niewiedergrün: die TAZ hat doch das gleiche Spiel schon zum NATO-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien inszeniert! Als medialer Vorreiter um uns wieder auf Auslandseinsätze der Bundeswehr vorzubereiten - inzwischen haben wir uns ja schon an Meldungen von toten Soldaten in Auslandseinsätzen gewöhnt! Aber das schreibst du ja dann selbst, also aus der TAZ ist in den letzten 10 - 15 Jahren schon ein ketzerisches Blatt geworden, das bis zum Brechreiz (zumindest löst das Geschreibsel von Herrn Johnson u.a. den bei mir aus!) kriegs- und gewaltverherrlichende Absonderungen von sich gibt - abgesehen von unseriöser Berichterstattung. Ich ahbe ja auch die Berichterstattung der TAZ zum Thema Cote d'Ivoire sehr aufmerksam verfolgt (Infos dazu auf www.ivoireleaks.de): Die UN hatte es doch so eilig, Gbagbo wegzubomben wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen (laut Herrn Johnson und der TAZ war dieser UNO-Einsatz nötig und gerechtfertigt!!) derer er nun nicht einmal angeklagt wird? Ouattara seinerseits (hochgelobt als "guter Demokrat von der TAZ!) wird nicht einmal kritisiert, obwohl nach wie vor nachweislich Massenexekutionen stattfinden, für Massaker wie in Douekoue (1000 tote Zivilisten, inkl. Frauen und Kinder) wurde noch kein einziger Verantwortlicher festgenommen oder angeklagt? Siehe u.a. den aktuellen Bericht von Amnesty International: http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR31/007/2011/fr/1d18c667-4e96-4083-9761-80db41b415a0/afr310072011en.pdf

    Die Verantwortung Frankreichs für dieses Blutbad wird - ebenso wie beim Genozid in Ruanda - unter den Teppich gekehrt - ohne Frankreich und die "Friedenstruppe" der Blauhelme wäre das alles nie passiert! Und die TAZ fand's gut!

  • K
    Kati

    @Mit der TAZ in den Weltbürgerkrieg: es gibt auch im bayerischen Franken eine Freiheitsbewegung für Unabhängigkeit. Gut, dass die taz nicht davon weiß. Sonst würde sie wohl eine Freiheitskampagne starten mit der Forderung von Luftangriffen auf München und Berlin bis zur fränkischen Unabhängigkeit. tazsche Freiwillige würden in Franken einsickern, zum Aufstand aufrufen, an vorderster Front gegen die fränkische Unterdrückung durch Bayern und Deutschland kämpfen. Mit wehender taz-Fahne Frau Pohl in Burka voran. Äh...sorry, das mit der Burka war wohl nix, die trug sie ja in Libyen und in der Redaktion. Hm, in die fränkische Schweiz wohl eher ohne Burka zum Aufstand.

  • MD
    Mit der TAZ in den Weltbürgerkrieg

    Ihre 'Empathie' für bewaffnete Aufstände scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Ich denke wir sollten die unterdrückten Basken schleunigst unterstützen und Madrid bombardieren und ein Wirtschaftsblockade gegen Spanien verhängen. Null Toleranz auch gegen Frankreich - dort werden die Korsen seit Jahrzehnten blutig unterdrückt. Wir sollten auch in Schottland einen Übergangsrat gründen... und in Nordirland - da wird die Sache kompliziert, aber da hat ja die TAZ bestimmt eine Lösung - NACHDEM die Menschen angefangen haben sich gegenseitig zu massakrieren. Was wollen Sie uns eigentlich mit ihren scheinhumanitären Absonderungen hier erhählen? Ich meine diese Minderheiten gibts ja nicht nur in Libyen sondern im Tschad, Sudan, Ägypten, Mauretanien, Algerien - sollen die jetzt auch alle Krieg gegen ihre Regierungen führen? Aber gehen wir doch mal zum Anfang des Konfliktes zurück - woher hatten ihre 'Freiheitskämpfer' den die ganzen Waffen - von dem Waffendepot in Bengazi? Wie kamen die da überhaupt rein 'ohne' Waffen? Es gibt mitlerweile ausreichend Videobeweise und Augenzeugenberichte dafür, dass der Aufstand von Beginn an gewalttätig war, die sogenannten 'Rebellen' von Anfang an mit nagelneuen Handfeuerwaffen, Raketenwerfern und Panzerabwehrwaffen aus westlicher Produktion ausgerüstet waren, welche eindeutig nicht in der libyschen Armee wegen des langjährigen Waffenembargos verwendet wurden. Libyens Waffen sind fast ausnahmslos aus russischer Produktion. Also woher hatten die 'Rebellen' am 15,16,17 Februar so viele Waffen westlicher Bauart erhalten???? Ein Waffenexperte hat sich die Videos angeschaut - fast ausschließlich Videos von westlichen Medienagenturen: http://www.youtube.com/watch?v=a7p9h8oAFhs&feature=youtu.be Also ihre 'Freiheitsengel' waren von Anfang an gut bewaffnet, wurden von ausländischen Instruktoren (vor der Verabschiedung der UN-Resolution 1973) an diesen Waffen ausgebildet. Auch haben sich alle Belege von der 'Bombardierung friedlicher Demonstranten' und von 'Massakern' als NATO-Finte herausgestellt. Wenn man zudem noch die Hintergrundinformation hat, dass der Westen seit Jahren versucht Gaddafi zu stürzen, der CIA bereits 1981 die Libyan Front for the Salvation of Libya gegründet hat und seit Jahren subversive Tätigkeiten mit Exil-Libyern in den USA und Ägypten koordiniert und in Libyen subversive tätig ist. Dass der Westen die Libyan Islamic Fighting Group - den libyschen Al-Kaida-Ableger - heimlich finanziert und bewaffnet... Aufstände und Terroranschläge unterstützt. (http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=24096) Also Herr Dominic Johnson - was sagt uns das? Warum verteidigen Sie dann noch immer die offensichtlich gewalttätigen und terroristichen Banden, die mit Deckung des Westens und der NATO einen schmutzigen Krieg gegen die libysche Regierung und das Volk führen und die NATO noch dazu einladen, das Land in die Steinzeit zurückzubomben und unsägliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit (als eines von vielen die Bombardierung von Wohnhäusern bei Zliten mit der Ermordung von 85 Zivilisten, davon 33 Kinder???) zu verüben? Wo bleibt Ihre Empörung gegen die Ermordung von über 1100 Zivilisten durch NATO-Bomben (zum 'Schutz von Zivilisten - was für ein Euphemismus) und tausenden Soldaten und freiwilligen Kämpfern durch die Hightech-Mordwaffen des Westens? Wo bleibt die Empörung darüber, das der Westen nicht nur die Al-Kaida zur internationalen Gefahr in ganz Nordafrika aufrüstet sondern zudem die zivile Infrastrukur Libyens mit Krankenhäusern, Schulen, Universitäten, Lebensmittellagern, Elektrizitätswerken, Wasserleitungen, Stromleitungen, Sabotierung von Öl-und Gasproduktion und Versorung, Fabriken, Fischerhäfen, Viehherden und ihre Herden, Molkereien und Lebensmittelindustrie, Fernsehen und Rundfunk kaputtbombt? Warum verhängt die NATO eine illegale Seeblockade gegen Libyen? Kennen sie die Genfer Kriegsrechtskonvention welche all diese Maßnahmen verbietet und als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufführt? Wachen Sie aus ihrem Traum auf und fangen Sie an die Realität zur Kenntnis zu nehmen - das libysche Volk will weder die 'Rebellen' und ihren kriminellen CIA-Übergangsrat noch die NATO im Land. Die angeblichen militärischen Erfolge - das sind sie leider nicht up to date - aber kein Wunder wenn sie nur BBC und den katarischen Propagandasender Al Jazeera schauen - sind lächerlich. Die versprengten Gruppen von Rebellen bekommen keine Kontrolle über die Städte, weil die Bevölkerung von Gaddafi bewaffnet wurde und die Armee und Bevölkerung zusammen die übrigens vorwiegend ausländischen Söldner aus Ägypten, Katar und die Al-Kaida locker besiegen können! Wenn Sie Anderes hier von sich geben, dann unterliegen Sie einer Selbsttäuschung - das libysche Volk und die libysche Armee sind stark genug, jedem Gegner Paroli zu bieten! Und ein paar Berberstämme in den Bergen sind nicht in der Lage die feindlich gesinnten dichtbesiedelten Küstenregionen zu beherrschen - überlegen Sie mal logisch!!! Selbst die massiven NATO-Bombardements, Drohnen, Kampfhubschrauber in den Städten ändern daran nichts. Das sollte Sie zusätzlich zum Nachdenken anregen...

  • N
    niewiedergrün

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    Eigentlich ist es unfassbar, aber wenn man diesen Artikel liest und einem die Kriegsbegeisterung der Taz- Redakteure förmlich entgegenschwallt, wird es einem regelrecht schlecht. Was ist aus Euch geworden? Aber eigentlich war es ja beim Jugoslawienkrieg genauso.

    Einen Orden für die Manipulation unseres Volkes, in einer Reihe mit den üblichen Verdächtigen.