Krieg anderswo: Kämpfe in Tadschikistan
■ Alle denken an das Kosovo. Unsere Serie erinnert an Konflikte in aller Welt. Teil 15
Offiziell ist der Bürgerkrieg in Tadschikistan, der von 1992 bis 1996 tobte, 50.000 bis 60.000 Todesopfer verursachte und etwa eine halbe Million Menschen zu Flüchtlingen machte, seit Juni 1997 beendet. Damals schlossen in Moskau der von Rußland unterstützte Präsident Emomali Rahmonow und die bewaffnete Vereinigte Tadschikische Opposition (OTO) ein Abkommen zur Machtteilung. Stärkste Kraft darin ist die Partei der Islamischen Wiedergeburt, aber auch liberal-säkulare und regionale Gruppierungen gehören dazu. Gemeinsamer Nenner: die Ablehnung der kontinuierlichen Herrschaft der früheren KP-Nomenklatura auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR.
Das Moskauer Friedensabkommen wurde erst teilweise umgesetzt, der Zeitplan ist längst überschritten. Zwar wurden OTO-Politiker in die Regierung aufgenommen und alle Flüchtlinge repatriiert, aber die Entwaffnung bzw. Eingliederung der OTO-Mudschaheddin in Armee und Polizei wurde erst teilweise verwirklicht. Auch die für spätestens Ende 1998 geplanten Parlamentswahlen fanden bisher nicht statt.
Das verstärkt die latenten Spannungen ebenso wie das Vorhandensein einer sogenannten „dritten Kraft“, zu der regierungsnahe Warlords, die das Moskauer Abkommen ablehnen, aber auch während des Krieges marginalisierte politische Gruppen gehören.
Dies führt immer wieder zu einem Aufflackern der Kämpfe. Nicht integrierte OTO-Einheiten bekämpfen sich gegenseitig, alte Rechnungen werden beglichen, die auch vor Spitzenpolitikern nicht haltmachen. Im November 1998 fiel OTO-Vize Otochon Latifi einem Attentat zum Opfer, im März 1999 der Vorsitzende der regierungsnahen Sozialistischen Partei Safarali Kendschajew, einer der Hauptverantwortlichen für den Ausbruch des Bürgerkriegs. Nach einer Entführungsserie stellte 1998 auch die UNO die Tätigkeit ihrer Beobachtermission teilweise ein. Ein Rückfall in den Bürgerkrieg kann bisher nicht ausgeschlossen werden.
Thomas Ruttig
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