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KreuzbergBezirk muss Camp prüfen

Gerichtsurteil nach Anwohnerklage wegen Beeinträchtigung durch das Flüchtlingscamp. Integrationssenatorin will künftig zwischen Bezirk und Senat vermitteln.

Die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann mit Flüchtlingen. Bild: DPA

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg ist per Gerichtsbeschluss verpflichtet worden, ein Einschreiten gegen das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz zu prüfen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht am Freitag per Eilbeschluss entschieden – aufgrund der Klage eines Anwohners, der sich durch das Camp gestört fühlt.

Der Kläger habe Anspruch darauf, dass mögliche Beeinträchtigungen durch das Camp durch die Behörde geprüft würden und gegebenenfalls ordnungsbehördlich dagegen eingeschritten werde, so das Gericht. Bislang habe das Bezirksamt die mit dem Lager einhergehende Brandgefahr oder Belastungen durch Geräusche zu gering geschätzt, heißt es in der Urteilsbegründung. Das Amt könne den Flüchtlingen auch nicht das Grundrecht der Versammlungsfreiheit zugutehalten, weil die Beeinträchtigungen überwiegend von einer versammlungsfremden Nutzung herrührten. Das Bezirksamt muss nun bis zum 20. Januar prüfen, wie die Belange des Antragstellers „wirksam beachtet werden können“.

Herrmann: Keine Gewalt

Die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, sagte zu dem Urteil, der Bezirk habe sich bereits ernsthaft mit möglichen Belastungen der AnwohnerInnen durch das Camp befasst und werde das auch in Zukunft tun. Es sei auch ihr Ziel, dass „die Schlafzelte am Oranienplatz abgebaut werden“. Allerdings lehnten sowohl das Bezirksamt als auch die BVV „Maßnahmen, die mit der Anwendung von Gewalt einhergehen“, ab.

Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) kündigte unterdessen an, im Konflikt um das Camp zwischen Innensenator Frank Henkel (CDU) und Bürgermeisterin Herrmann vermitteln zu wollen. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass sich beide „im Januar an einen Tisch setzen“, sagte sie der Berliner Morgenpost. Henkel hatte dem Bezirk ein Ultimatum gestellt, die Zelte abzubauen. Er will das Zeltlager sonst am 18. Januar räumen lassen. Herrmann lehnt eine Zwangsräumung ab. Auch Kolat möchte, „dass die Situation am Oranienplatz im Dialog und im Konsens gelöst wird, nicht durch einen Polizeieinsatz. Einen Dialog kann man aber nur führen, wenn man alle Seiten an einen Tisch holt.“

Die Senatorin kündigte zudem an, sie werde künftig am Runden Tisch zur Klärung humanitärer Fragen von Flüchtlingen teilnehmen. An der ersten Sitzung des Gremiums am Donnerstag hatte sie nicht teilgenommen und begründete dies zum einen mit Terminproblemen. Zum anderen habe sie erst wissen wollen, welche Struktur und welche Teilnehmer der Runde Tisch habe, bevor sie ihre Unterstützung zusage. TAZ/EPD

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13 Kommentare

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  • Frau Herrmann schafft es immer wieder, dass alle Probleme, Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten in Ihrem Bezirk, in gemeinsamen Gesprächen aller Beteiligten, stets gelöst werden.

     

    Wobei in Hamburg kam es zuletzt, leider, zu schweren Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten, wo das Vorgehen der Polizei einfach unmenschlich, unverhältnismäßig und verfassungswidrig war:

     

    http://www.taz.de/Demo-fuer-Erhalt-der-Roten-Flora/!129830/

    • @Stefan Mustermann:

      Na ja die Probleme, die Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten sind nicht gelöst. Frau Hermann vertagt die bloß und hofft, das andere sie lösen - so oder so. Warum sich selber die Hände schmutzig machen wenn der Henkel schon bereit steht.

  • eigentlich und bei licht betrachtet, hat das VG da ein sehr schönes weihnachtsei gelegt.

    das BA ist verpflichtet worden, zu prüfen. dafür hat es zeit bis zum 20.1.2014.

    das BA ist nicht verpflichtet, zu räumen. es ist auch nicht verpflichtet, zu dem prüfergebnis "es muß geräumt werden" zu kommen. es soll einfach nur prüfen und kann dann am 20.1.2014 bis 24h mitteilen, es habe geprüft.

     

    nach meinem ersten schrecken muß ich sagen: der beschluß gefällt mir!

    • @christine rölke-sommer:

      Es geht auch nicht um das räumen sondern darum, das man Rücksicht auf die Anwohner nimmt. Also keine offenen Feuer, kein Grillen und ähnliches. Nachts kein Lärm oder laute Musik.... Also all das was auch so unter Nachbarn für Stress und Ärger sorgen kann und wo dann normalerweise die Polizei oder das Ordnungsamt auf der Matte steht.

    • G
      Gästin
      @christine rölke-sommer:

      Hallo Frau Rölke-Sommer,

      vielleicht müssen die Supporter einfach mal anfangen aufzuräumen, man kann nicht immer eine Aufhebung des Beschäftigungsverbots fordern und dann ne nicht genehmigte Müllkippe fördern. Vielleicht darf das Infozelt bleiben und der Rest geht.

  • passend zu weihnachten: und es war kein raum in der herberge.

     

    was ich mich frage: wie will denn herr+frau anwohner diesen beschluß vollstrecken (lassen)?

  • IU
    icke um die ecke

    Bla Bla Bla Frau Hermann, wir Kreuzberger haben ein langes Erinnerungs Vermoegen. Wer Fluechtlinge Politisch missbraucht, kann nicht mit Kreuzbergern Rechnen.

  • K
    Kimme

    Frau Hermann erzählt auch jede Woche etwas anderes. Bisher hat sie einzig und allein mit völliger Pssivität geglänzt. Weder Hilfsangebote für die Flüchtlinge noch Vorschläge zur Auflösung des Camps sind von ihrer Seite gekommen.

    • P
      Pause
      @Kimme:

      Stimmt nicht, erst gabs ne Schule, dann ein ehemaliges Altersheim und als das nicht reichte zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten und die Antragsteller mit ihren Supportern sagten immer zu Änderungen vorzunehmen, aber passiert ist von deren Seite nichts. Stattdessen sieht es aus wie ne Müllhalde (leere Einkaufswägen - Müll). Also ich bin auch gegen Residenzpflicht und es muss die Möglichkeit von Praktikantenstellen geschaffen werden und doch bin ich gegen das Camp in der jetzigen Form. Wer sich noch keine Meinung gebildet hat, wird dies in einem solchen Umfeld auch nicht machen bzw. ändern. Dazu müsste versucht werden außer immer wieder die gleichen Leute anzusprechen andere Menschen zu überzeugen. Aber es wären jetzt mal die anderen an der Reihe und nicht nur immer die Politik, die man dann auflaufen lässt.

  • S
    Sabine

    Wenn ein Camp die Anwohner stört, muss das überprüft werden. Schließlich zahlen Anwohner Miete, müssen morgens ausgeruht zur Arbeit und möchten nicht negative Folgen eines Camps tragen müssen. Völlig selbstverständlich, finde ich. Wer hat denn damit ein Problem?

    • @Sabine:

      ...da liegt die betonung offensichtlich auf "selbst-verständlich"...

      ...sind ja im vergleich auch wirklich schwerwiegende probleme...

      ...die camper dürfen ja auch gar nicht erst arbeiten, sind damit quasi immer ausgeruht und können auch gar nicht miete zahlen (zynismus aus)...

      gast "icke um die ecke" sieht das ja z.b. ganz anders ;)

  • Und was wenn sich die Beeinträchtigung nur durch Gewalt beenden lässt? - Das Camp ist ja mittlerweile eine Durchgangsstation geworden: Immer wenn man die einen Flüchtlinge untergebracht hat, kommen neue. Toll haben das die BVV-Grünen eingefädelt, und so sehr im Interesse der Leute die Sie vertreten: Den Anwohnern.

    • @Tim Leuther:

      ...sagen sie das mal den menschen aus libyen...das mit der gewalt und der durchgangsstation...

      ...wo die wohl herkommen?...und warum eigentlich?...

       

      aber quasi-anwohner sind sie ja mittlerweile auch irgendwie;)