Krankenhausreform beschlossen: Charité wird nur notdürftig verarztet

Der Senat gibt der Charité 330 Millionen Euro bis 2013 zum Sanieren. Doch die Lösung grundlegender Probleme verschiebt er auf die Zeit nach der Abgeordnetenhauswahl. Was mit Vivantes werden soll, ist völlig offen.

Bröckelt bald: Das Bettenhochhaus der Charité. Bild: AP

Der Senat hat sich auf eine Minimallösung für die sanierungsbedürftige Charité geeinigt. Alle drei Standorte, an denen Patienten behandelt werden, bleiben erhalten. Damit ist der Vorschlag von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) vom Tisch, den Campus Benjamin Franklin (UKBF) in Steglitz aufzugeben. Die Charité soll bis 2013 etwa 330 Millionen Euro für Reparaturen vor allem im Bettenhochhaus in Mitte erhalten, wie Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Dienstag mitteilte. Im Gegenzug soll die Charité 500 Betten abbauen. Damit bestätigten sich seit Wochen kursierende Gerüchte um die geplante Krankenhausreform. Strukturelle Entscheidungen vertagte der Senat. Die Charité reagierte zurückhaltend.

Zöllner wertete das Ergebnis gleichwohl als Durchbruch. "Ich freue mich, dass die Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Charité gesetzt sind", sagte er. Charité-Chef Karl Max Einhäupl kann nun selbst entscheiden, welche Maßnahmen er prioritär angehen will. Keine leichte Aufgabe, leckt und bröckelt es doch an allen Ecken in Mitte, Steglitz und bald auch am Weddinger Virchow-Klinikum. Die Fassade des Bettenhochhauses etwa hat nur noch eine Genehmigung bis 2014. Zöllner deutete an, dass das marode Gebäude gar abgerissen werden könnte. "Wenn die Charité plausibel machen kann, dass ein Neubau wirtschaftlicher ist, werden wir darüber nachdenken", sagte er.

Über weitere Investitionen in den Campus Benjamin Franklin und im Wedding soll spätestens Ende 2012 entschieden werden. Damit sei weiter keine "belastbare Investitionsplanung" in Sicht, schimpfte CDU-Fraktionschef Frank Henkel. Zöllner hingegen sagte zur Verteidigung, Großmaßnahmen seien ohnehin nicht so schnell durchführbar.

Faktisch heißt das, dass vor allem den Mitarbeitern in Steglitz weiter die Perspektive fehlt: Eine Schließung des UKBF ist zwar erst einmal vom Tisch, aber der Investitionsstau bleibt. Die Uniklinik selbst hält etwa doppelt so viel Geld wie nun bewilligt für nötig, um alle Standorte zu sanieren und Geräte auf aktuellen Stand zu bringen. Maßnahmen, die sich langfristig auszahlen, aber erst einmal Geld kosten, fallen flach: etwa das Zusammenführen von Instituten oder der Abbau überschüssiger Flächen.

Der Charité und dem zweiten landeseigenen Konzern Vivantes trug der Senat auf, weiter über Kooperationen nachzudenken. Doppelstrukturen und Wettbewerb bleiben demnach; an eine gemeinsame Steuerung, wie von der Industrie- und Handelskammer gefordert, wird nicht gedacht. "Bedauerlich ist, dass der Senat alternative Finanzierungskonzepte nicht zulässt", erklärte Einhäupl.

Unangetastet bleibt auch die Situation im Südwesten, wo mit dem Auguste-Viktoria-Krankenhaus (Vivantes) und dem Campus Benjamin Franklin zwei Komplexe in unmittelbarer Nähe liegen. Finanzsenator Nußbaum hätte einen Standort gern geschlossen - doch der Senat scheute Reformen vor der Wahl 2011. Zu präsent ist die Erinnerung an den öffentlichen Aufschrei, als der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) 2002 Steglitz den Uni-Status entziehen wollte. "Da sind wir am Establishment gescheitert", gestand Nußbaums Sprecher.

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