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Archiv-Artikel

Krach und Wut und Liebe und Trauer

Ein Hauch von Romantik dank der energiegeladenen Sängerin Karen O: „The Yeah Yeah Yeahs“, mehrfach preisgekrönt und samt Schminktipps längst durch alle Trend-Gazetten gewandert, spielen am Dienstag im Logo

„Alles, bloß keine Gleichgültigkeit. Denn Gleichgültigkeit kann dich umbringen“

Eigentlich ist es zu heiß für einen Hype. Und Begriffe wie Leidenschaft mag man nicht mehr benützen nach der zur Katastrophe destillierten Liebesgeschichte aus Frankreich, bei der die Schauspielerin Marie Trintignant ums Leben kam – angeblich hat ihr Freund, der Sänger der französischen Rockband Noir Desir, sie zu Tode geprügelt und wird gerade des Mordes angeklagt. Woraufhin die Paris Match orakelte: „Sie starb für die Leidenschaft“!

Wer braucht da schon eine neue Erfolgsstory aus New York? Zum Beispiel die der Rockband The Yeah Yeah Yeahs, Ende 2000 gegründet, mit Karen O (Vocals), Nick Zinner (Gitarre) und Brian Chase (Schlagzeug). Sie veröffentlichten vor kurzem ihre erste Langspielplatte (sogar als Picture-Disc!) Fever to tell bei einer Major-Firma. Die Platte muss man laut hören, dann enthüllt sie ihre Vorbilder: The Clash, Blondie, The Pretenders, manchmal Bikini-Kill oder sogar Billy Idol.

Alles bekannt, aber originell, dank Karen O, der schmalen Frau mit Schmier-Make-up und dunkler Pony-Nackenbaguette-Frisur, die quietscht, stöhnt und singt und dem ganzen trotz allem Bier-Rock-Dreck auch noch Romantik und Sehnsucht mitgibt. Der Gitarrist lässt einen nicht nur äußerlich an The Jesus and The Mary Chain denken (gaaanz dünn, in schwarz und mit Brokkoli-Frisur) und der Drummer, ein Normalo-Brillenträger, behandelt seine Felle erfrischend roh. Und zum Lachen gehen sie alle wohl in den Keller.

Aber mal von Anfang an: Erst gab‘s eine Mini-LP auf einem Indie-Label, ein paar euphorisch gefeierte Konzerte vor den wichtigen Rock-Haudegen (u. a. Jon Spencer Blues Explosion, The White Stripes, Sonic Youth). Karen O (das O steht für das „o“ in Knock), Ex-Filmstudentin, 24 Jahre junges partymachendes Energiebündel, lernte die Modedesignerin Christian Joy kennen, die ihr schrille customized Fetzen auf den Leib warf und Karen O zu ihrem Lieblingsmodel erkor. Prompt waren die Zeitungen voll mit Joys Mode und Karens Konterfei. Im Internet beschäftigen sich Fans seitenweise mit Yeah Yeah Yeah-Schminktipps und streiten über weltbewegende Dinge wie die Tatsache, dass Karen O inzwischen mit ihrem Freund, dem Liars-Sänger Angus Andrews, aufs Land zog.

Natürlich wurden die YYY auch von der englischen Trend-Musik-Gazette NME mit Preisen dekoriert, und die Erfolgsleiter scheint erklommen: Bald auf Tour mit Björk, war die Band letztens bei Amerikas Klatschonkel No. 1 David Letterman zu Besuch. Und soeben hat Karen O medienwirksam ein Angebot des Playboy abgelehnt. Und nun? Eine Band kurz vor dem Abheben? Keineswegs. Karen und Nick pflegen nach wie vor ihr altes Projekt Unitard, Brian spielt noch in der Band Seconds, und Nick verdingt sich augenblicklich als DJ in Berlin. Und Karen O sagt auch noch gute Sachen über Pop und Publikum: „Sie wollen Pop. Dann kriegen sie Pop – und Krach und Wut und Liebe und Trauer. Alles, bloß keine Gleichgültigkeit. Denn Gleichgültigkeit kann dich umbringen.“ Ja, ist ja gut, klingt nach Liebe und Leidensch... Zu erleben am Dienstag im Logo bei ca. 45 Grad.

BARBARA SCHULZ

morgen, 21 Uhr, Logo