piwik no script img

Krach um „Paradiso“

■ Förderung für Radio Paradiso entzweit die Nordelbische Synode

Der Medienausschuß der Nordelbischen Synode hat dem Kirchenparlament empfohlen, Radio Paradiso weiter zu unterstützen. Der Vorsitzende des Ausschusses, der NDR-Journalist Ortwin Löwa, hatte zuvor aus Protest gegen die Unterstützung für den Sender sein Amt niedergelegt. Die Synode nahm den Bericht über Radio Paradiso ohne Beratung zur Kenntnis. Die Diskussion darüber wurde vertagt.

Radio Paradiso hat nach Informationen des Medienausschusses eine technische Reichweite von mehr als sechs Millionen Hörern. Die Kernzielgruppe des Senders, der am 12. Februar 1997 auf terrestrischer UKW-Frequenz sein Programm aufnahm, besteht einer Marktanalyse zufolge aus 500.000 bis 700.000 Hörern in der Altersgruppe zwischen 20 und 59 Jahren.

Die jährlichen Betriebsmittel bezifferte der Medienausschuß auf drei Millionen Mark, zuzüglich eines Werbeetats von einer Million. Die Gesellschafter, darunter auch die Nordelbische Kirche und der Evangelische Presseverband Nord, hätten inzwischen eine Kommanditgesellschaft gegründet, um Investoren aus Kirche und Wirtschaft zu gewinnen. So hätten die Berliner Baptistengemeinde und die Evangelische Darlehnsgenossenschaft in Kiel je eine Million Mark neu eingebracht.

Der zurückgetretene Vorsitzende des Nordelbischen Medienausschusses, Ortwin Löwa, hat schwere Vorwürfe gegen das Kirchenamt und Radio Paradiso erhoben. Löwa begründete seinen Rücktritt damit, daß er nicht einen Mißstand harmonisieren wolle, der ein „Millionenpoker in Berlin“ begünstige.

„Der Medienausschuß wurde nicht informiert, daß das Kirchenamt 500.000 Mark als Kommanditisteneinlage beantragt hatte“, sagte Löwa, der den Beteiligten Ämterverquickung und „undurchschaubares Taktieren an den Gremien vorbei“ vorwirft. „Radio Paradiso ist ein rein kommerzielles Spekulationsobjekt, dem ein christliches Mäntelchen umgehängt wird, um eine Marktlücke zu erobern“, sagte Löwa. „Radio Paradiso ist in erster Linie ein englischer Schnulzensender. Der Sender hat mit Christentum und Kirche nur wenig zu tun, sondern ist ein Sammelsurium humanistisch gefärbter, religiös getönter Ethikfloskeln, die in Beiträge eingestreut werden. Für mich ist nicht erkennbar, was daran missionarisch oder religiös sein soll.“ epd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen