Krach auf Schienen: Hoffnung auf die Wand
Der Petitionsausschuss des Bundestages reist nach Walle und vermittelt den AnwohnerInnen vage Aussicht auf mehr Lärmschutz - aber nur im Einzelfall.
Es sind meist kleine, eher alte Häuser, die entlang der Bahnüberführung an der Osterfeuerberger Straße in Walle stehen. Die Schienen liegen gerade 20, 30 Meter entfernt, keine Lärmschutz-Wand trennt die fünf Gleise von den Häuserzeilen. Seit Jahren schon fordern die AnwohnerInnen eine solche Wand. Die Bahn hat das bisher stets als "zu teuer" abgelehnt.
Das könnte sich jetzt ändern. Denn gestern war der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu Besuch. Ein Ereignis von einigem Seltenheitswert: Jährlich gehen etwa 18.000 Petitionen dort ein, und nur in einer knappen Handvoll von Fällen machen die Parlamentarier dafür Ortstermine. In diesem Falle auf Initiative der SPD.
"Wir müssen die Fenster schließen, wenn das Telefon klingelt", sagt eine der AnwohnerInnen. Gute 2.000 Menschen wohnen hier im näheren Umkreis, sagt Dietmar Kjesa, der Petent, im weiteren Umkreis 12.000. Wenn die Güterzüge vorbeirattern, dann klirrten die Gläser im Schrank. Nachts bei offenen Fenster schlafen? "Daran ist nicht zu denken." Balkon, Garten? "Kann man vergessen." Nur als die PolitikerInnen aus Berlin am Gleis stehen, fährt kaum ein Zug vorbei. Ab 2015 könnten laut Bahn hier täglich 470 Züge vorbeirauschen, 245 davon nachts.
"Es gibt keine einfache Lösung", sagt Gero Storjohann (CDU), der stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses. Und doch hätten sie sich eine überlegt - als sie auf dem Gleiskörper standen, wie Storjohann sagt. Ein Gleis nämlich werde ohnedies "selten genutzt", und wenn die Bahn darauf ganz verzichte, dann wäre Platz für eine 200 Meter lange Lärmschutzwand, sagt der CDU-Politiker aus Bad Segeberg. Das würde 860.000 Euro kosten - und wurde bisher von der Bahn sowie vom zuständigen Ministerium als "nicht verhältnismäßig" abgelehnt. Des weiteren möchten die PolitikerInnen gerne das vorhandene, wenn auch niedrige Geländer "ausfachen" lassen, also zusätzlich gegen Lärm dämmen. Ob das am Ende wirklich so kommt, darüber kann der Petitionsausschuss nicht entscheiden. Deswegen formulierte er gestern lediglich "mehrere Prüfaufträge", wie Storjohann sagt, die nun von der Bahn und dem zuständigen Ministerium abgearbeitet werden. Die Möglichkeit für "lückenlosen Lärmschutz" bestehe - jedenfalls rund um das Haus der Kjesas. Daneben solle das Angebot für passiven Lärmschutz für die Betroffenen "weiterhin offen bleiben", so Storjohann - ohne Termin und Frist, wie sonst oft.
Kjesa freut sich über die Ideen aus dem Petitionsausschuss, auch wenn eine Lärmschutzwand "nicht das Allheilmittel" sei. Er sieht "dringend" den Gesetzgeber gefordert, verlangt einklagbare Grenzwerte für Bahnlärm, dazu ein Anreizsystem, was leisere Güterzüge fördert, so wie sie etwa die halbstaatliche BLG für ihre Autotransporte benutzt. Das fordert auch die Bahnlärm-Initiative Bremen immer wieder. Sie verlangt vor allem ein "bremisches Gesamtkonzept".
"Generelle Lösungen können wir nur anstoßen", sagt Storjohann. Und verspricht dann doch: Lärmabhängige Trassenpreise für den Gütertransport "werden kommen". Wann, sagt er nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!