: Kotzende Giraffe am roten Faden
■ Déja-vu-Genuß für Cineasten: Die Premiere der Kino–Revue „Oscar“ in Schmidts Tivoli
„Mein Name ist Laf. O...laf.“ Wirklich Oskar-verdächtig, ein Drehbuch mit solchem Held: Dynamisch, stark, unter dreißig (Martin Hasenfuß). Genau wie es James Dean (Nik) den beiden verzweifelten Drehbuchautoren Bill (Wolfgang Noack) und Bob (Dirk Voßberg) empfohlen hat. Die sollen ihrem Boß (Corny Littmann) innerhalb von zwölf Stunden ein Drehbuch abliefern, mit dem dieser eine Menge Kohle machen kann.
Die beiden kommen jedoch nicht von ihrem Lieblingsthema weg, einer kotzenden Giraffe. So nehmen ihre Leinwandhelden die Handlung selber in die Hand. Die ist nur schwer zu erkennen, aber einen roten Faden gibt es jedenfalls. Rosarot. Wie das Paillettenkleid der schönen Olivia O'Shaugnessy (Kerstin Mäkelburg).
Die Figuren bringen die Geschichte in zwei Stunden zu Ende. Ob mit der nun viel Geld zu machen ist, bleibt abzuwarten. An das Strickmuster für einen Oskar-Preisträger haben sich die Autoren Martin Lingnau und Thomas Matschoß jedenfalls gehalten. So scharf wie die Handfeuerwaffen, die das gesamte Publikum bedrohen, geben sich auch die Damen des Ensembles. Selbst das keusche Blumenmädchen Rebecca (Claudia Galdy) ist aufgrund eines vertauschten Buchstabens nicht mehr blind, sondern blond.
Die plakative bunte Geschichte holpert fort. Kurz vor der Pause bricht der Held Olaf zusammen. Eddie (Thorsten Hammann), der Handlanger des Paten, darf ihn in Zeitlupe erschießen. Schicksalsmelodie. Über ihm erbricht sich, wie könnt es anders sein, eine Giraffe. Darauf erstmal ein Eis in the Sunshine.
Die wohlbekannte Raumschiff-Enterprise-Melodie bedeutet uns zu Beginn des zweiten Teils, daß Olaf wohl durch eine Raum-Zeit-Verschiebung schlüpfen konnte. Seine Widersacher spüren ihn jedoch dank geschickter Tarnung als MUMUMU (Mutierte Multiple Mutti) auf und zwingen ihn zur Flucht mit Fazer und Laser in den Tunnel des Todes. Er lebt, nur ist er jetzt auf ewig verloren in den unendlichen Weiten der Zeit.
Was Frankenstein vor der Galeere rettet und warum Bruder Tuck aus dem Sherwood Forest lieber ein Girl wäre, erfährt der geneigte Betrachter im weiteren Verlauf. Bleibt nur die Frage offen, woran sich die arme Giraffe den Magen verdorben hat. Ilka Fröse
bis zum 10. Nov., Tivoli, 20 Uhr
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